: BestechlicheHundefreunde
■ Reemtsma-Foto soll BILD-Reporter ganz zufällig in die Hände gefallen sein
Immer auf der Suche nach dem Bild zur Story treiben sich auch auf Hamburgs Straßen „Paparazzi“herum. Als der Multimillionär Jan Philip Reemtsma im April 1996 in den Händen seiner Entführer war, hatte sich ein BILD-Reporter das einzige Foto des Gekidnappten von einem Polizisten besorgt. Das Foto war der Polizei als Lebenszeichen zugeschickt worden. Gestern fanden sich der Fotograf Hans-Jürgen K. und Sven B., der Polizeibeamte mit dem mutmaßlichen Riecher für eine schnelle Mark, vor dem Amtsgericht wieder. Sie müssen sich wegen Bestechung und Bestechlichkeit verantworten.
Die hölzerne Anklagebank ist lang. Links außen sitzt Hans-Jürgen K., am äußersten Ende rechts Sven B. Beide sitzen demonstrativ voneinander abgewandt. Nein, sie wollen keine gemeinsame Sache gemacht haben, hatten sie unisono im Vorfeld des Prozesses erklärt. Vom Schicksal im Gerichtssaal vereint, scheint man sich nicht mal mehr zu kennen, obgleich doch vorher eine gemeinsame Leidenschaft die beiden so verbunden hatte: der Hundesport.
Sven B., von der Schönheit seines Schäferhundes schwer fasziniert, ließ diesen vom Hundefreund und Profifotografen Hans-Jürgen K. porträtieren. Der brachte die Bilder dem Polizisten nach Hause. Was dann geschehen sein soll, nimmt der Fotograf allein auf seine Kappe: Als der Polizist kurz das Wohnzimmer verließ, will der neugierige BILD-Reporter in dessen Wohnzimmer rumgeschnüffelt, zufällig das Reemtsma-Foto entdeckt und flugs auf dem Balkon abgelichtet haben. Dummerweise habe der Polizist den Raum früher wieder betreten als erwartet, so daß der Fotograf das Originalfoto einstecken mußte und erst später unbeobachtet wieder zurücklegen konnte.
Von all dem will der ahnungslose Sven B. nichts mitbekommen haben. Die Staatsanwaltschaft glaubt ihm nicht, ist vielmehr davon überzeugt, daß der Beamte kräftig für das Foto kassiert hat. Erhellen könnte die Hintergründe der verantwortliche BILD-Redakteur Ulf-Michael Rosin, der jedoch verweigert die Aussage. Am Mittwoch wird der Prozeß fortgesetzt. Elke Spanner
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