: Rechtliche Ausnahme
■ Grüne unterstützen Anwaltsinitiative zur Abschaffung der Antiterrorgesetze
Berlin (taz) – Ob die Berliner Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) den Aufruf von Rechtsanwaltsvereinigungen zur Abschaffung der Antiterrorgesetze unterzeichnen würde, ist ungewiß, aber nicht ausgeschlossen. Der taz gegenüber erklärte sie, „daß Einschränkungen von Grundrechten und Menschenrechten die absolute Ausnahme sind und bleiben müssen. Gesetze, die solche Regelungen vornehmen, sollten befristet und mit einer parlamentarischen Wirksamkeitskontrolle verbunden werden.“ Sorgfältig und kritisch müsse daher geprüft werden, „ob dies auch für die vor 20 Jahren zur Bekämpfung der Terroranschläge der RAF geschaffenen Straf-, Strafprozeß- und Strafvollzugsvorschriften gilt“.
Bündnis 90/Die Grünen haben im Berliner Abgeordnetenhaus vor rund zwei Wochen den Antrag eingebracht, das Land Berlin solle über den Bundesrat eine Initiative mit dem Ziel der Abschaffung der Antiterrorgesetze ergreifen. Ob der Berliner Senat eine solche Bundesratsinitiative einbringt, „wird vom Ergebnis unserer Prüfung abhängen“, erklärte Senatorin Peschel-Gutzeit. Einen Seitenhieb gegenüber den Bündnisgrünen konnte sich die Senatorin nicht verkneifen. Nichts habe die „Länder, in denen seit langem rot-grüne Koalitionen bestehen, gehindert, schon vor Jahren entsprechend tätig zu werden“. In einem dieser Länder, so die Senatorin, stellten die Grünen sogar den Justizminister, der selbst einmal als sogenannter RAF-Verteidiger tätig war. Das Problem dürfte ihm „besonders bewußt sein“. Gemeint ist Hessens Justizminister Rupert von Plottnitz.
Hinter den Aufruf zur Abschaffung der Sondergesetze aus dem Deutschen Herbst haben sich in Bonn die Bündnisgrünen gestellt. Deren Rechtspolitiker Volker Beck, der innenpolitische Sprecher Manfred Such und der Abgeordnete Gerald Häfner fordern die Aufhebung des Paragraphen 129a (Bildung einer terroristischen Vereinigung), des Kontaktsperregesetzes und der Kronzeugenregelung. Die damaligen Gesetzesänderungen, erklären sie, „waren hinsichtlich ihrer Demokratie- und Rechtsstaatsverträglichkeit schon äußerst zweifelhaft. Mit dem Ende des bewaffneten Kampfes der RAF ist der Anlaß für diesen rechtlichen Ausnahmezustand entfallen.“ Wolfgang Gast
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