: Algerische Flüchtlinge ans Messer geliefert
■ Mehrheit der Bundesländer sieht für einen Abschiebestopp nach Algerien vorläufig keine Notwendigkeit. CDU/CSU-Bundestagsfraktion will „überdenken“
Bonn/Berlin (AFP/taz) – Trotz der Massaker in Algerien können sich die Bundesländer nicht darauf einigen, Flüchtlingen aus dem nordafrikanischen Land einen vorläufigen Aufenthalt zu garantieren. Nachdem Schleswig-Holsteins Innenminister Ekkehard Wienholtz (SPD) vor einer Woche einen vorläufigen Abschiebestopp verhängt hatte, haben sich dem allerdings auch Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen angeschlossen. In Sachsen-Anhalt ruhen daher bis auf weiteres rund 20 Abschiebefälle. Hamburg prüft derzeit seine Abschiebepraxis, hieß es in der dortigen Innenbehörde.
In der Mehrzahl der Bundesländer wird jedoch im Moment keine Notwendigkeit gesehen, die Abschiebeverfahren nach Algerien auszusetzen. Ein Sprecher des Innenministeriums von Sachsen: „In Algerien liegt keine staatliche Verfolgung vor.“ Es gelte nicht als Bürgerkriegsland. Ein Sprecher des Bremer Innensenators sagte, man warte den neuen Lagebericht des Auswärtigen Amtes ab.
Die Unionsfraktion im Bundestag will dagegen die Abschiebung von Algeriern „in der derzeitigen Situation“ überprüfen, sagte der CSU-Abgeordnete Erich Friedl gestern. Zuvor hatte der SPD-Parlamentarier Christoph Zöbel kritisiert, die Abschiebungen verletzten die „Menschenrechte schon bei uns“.
Für einen generellen Abschiebestopp müßten sich die Länder mit Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) auf eine einheitliche Linie einigen. Nach Angaben des Sekretariats der Innenministerkonferenz in Bonn hat jedoch bislang kein Land einen generellen Abschiebestopp beantragt.
Als dramatisch wertet Pro Asyl die Lage in Algerien. „Das ist eine neue Dimension von barbarischer Menschenschlächterei“, sagt Heiko Kauffmann, Sprecher von Pro Asyl. Seit den Wahlen Anfang Juni seien über 2.000 Menschen in Algerien ermordet worden. Es sei „inhuman“, Menschen dort hinzuschicken. Wie das Innenministeriums vor kurzem bekanntgab, sind seit Januar 187 Algerier abgeschoben worden – darunter auch Frauen und Kinder. Die Bundesregierung bringe mit der fortgesetzten Abschiebung ihre Menschenrechts- und Flüchtlingspolitik „ins Zwielicht“, sagt Kaufmann. Pro Asyl und Bündnis 90/Die Grünen haben die Bundesregierung aufgefordert, das deutsch-algerische Flüchtlings-Rücknahmeabkommen zu annullieren. Dieses Abkommen ermöglicht es, daß algerische Polizisten abgelehnte Asylbewerber bereits auf deutschen Flughäfen abholen. Das Protokoll zeige die „unverholene Kollaboration“ der Bundesregierung „mit dem algerischen Terrorregime“. Uta Andresen
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