: „Das kann uns morgen schon wieder passieren“
■ Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften lehnt Indizierungsanträge für die Zeitschrift „Grow“ ab. Dem „Marijuana Magazin“ wurde aufklärerische Tendenz bescheinigt
Einen nicht unbedeutenden Sieg hat die Hanfgemeinde Anfang diesen Sommers davongetragen: Der Indizierungsantrag bezüglich der Zeitschrift Grow, die sich im Untertitel „Marijuana Magazin“ nennt, wurde abgelehnt.
„Das kann uns morgen schon wieder passieren“, kommentiert der Grow-Mitarbeiter Klaus Bienke den Erfolg zwar etwas trocken, aber gefeiert wurde der Fortbestand der Zeitschrift dennoch. Und das hatte seinen Grund: Für die fast 80 Seiten umfassende Zeitschrift, die in einer Auflage von über 55.000 Exemplaren erscheint und im gesamten Bundesgebiet sowie in Österreich, der Schweiz und den Benelux-Ländern vertrieben wird, hätte eine Indizierung das Aus bedeutet.
Ausgelöst durch das Betreiben besorgter Bürger stellten die Jugendämter in Heidelberg und Osnabrück bei der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften in Bonn einen Antrag auf Überprüfung des Grow-Magazins, um es gegebenfalls auf die Indexliste zu setzen. Gegenstand des Verfahrens waren die Magazinausgaben Nr. 1 bis 5 aus dem Jahr 1996, in denen laut Antrag massiv für den Haschischgebrauch geworben und Jugendliche dementsprechend animiert würden. Und genau das ist in Deutschland laut Betäubungsmittelgesetz (BTM) nicht erlaubt. Pharagraph 29 Abs. 1 des BTM verbietet, für den Konsum von Betäubungsmitteln zu werben, ihn zu verharmlosen sowie zum Gebrauch zu animieren.
Explizit begründete das Kreisjugendamt Rhein-Neckar-Kreis seinen Antrag damit, daß in Grow unter anderem Gebrauchsanweisungen von Wasserpfeifen oder Berichte über Konzerte, bei denen die Verbindung von Joint und Musik erst den richtigen „Groove“ ergeben, erscheinen. Darüber hinaus würden Kontakte hergestellt werden, um an Drogen und Materialien zum Haschisch-Konsum zu kommen. Das Jugendamt Osnabrück kritisierte, daß sich in der Zeitschrift fast ausschließlich mit dem Gebrauch von Drogen beschäftigt würde.
„Wir müssen schauen, ob eine Grenze überschritten wurde oder nicht“, beschreibt die Jugendschutzbeauftragte Stefanie Schlicksupp des Rhein-Neckar- Kreis-Jugendamtes ihre Position. Sobald Klärungsbedarf bestehe, würde ein entsprechender Antrag an Bonn weitergeleitet werden, wobei im vorliegenden Fall die Initiative aus der Bevölkerung gekommen sei. Die Herausgeber von Grow sehen sich vielmehr als Opfer von Zensurbestrebungen, was sie durch ihre Juni/Juli-Ausgabe 1997 deutlich machten: Auf schwarzem Hintergrund leuchtet rot das Wort „Zensur“.
Die Bonner Prüfstelle begründete mit ihrer Entscheidung (Nr. 4683 vom 5. Juni 1997) die Ablehnung der Indizierungsanträge damit, daß „die Beiträge zwar dem Konsum von Haschisch und Marijuana grundsätzlich positiv, nicht aber unkritisch“ gegenüberstehen und „keine einseitige, die Lebensrealität ausblendende Überhöhung des Themas“ stattfinden würde. Darüber hinaus wird in der Entscheidung betont, daß die Warnhinweise betreffend falscher Dosierung und Anwendung eindeutig im Vordergrund der Berichte stehen und somit der Nutzen der Beiträge größer sei als der denkbare Schaden. Zudem wurde den Verfassern unter Bezugnahme auf die Richtervorlage des Bundesverfassungsgerichts vom 9.3. 1994 zugebilligt, für ihr Interesse, die Anerkennung und Legalisierung von Cannabis auch öffentlich einzutreten. Abschließend wird vermerkt, daß den Lesern von Grow wohl nicht erst durch die Lektüre des Magazins das Thema Haschisch nähergebracht würde, sondern vielmehr der bereits Interessierte zum Heft greifen würde. Kim Kindermann
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