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Ein Richtkranz über dem „gläsernen Ei“

Auf der Reichstags-Baustelle wurde gestern Richtfest gefeiert. Die Stahlkonstruktion der Kuppel steht, und die Arbeiten liegen im Zeitplan. Doch andere Bundesbauten hinken hinterher  ■ Von Rolf Lautenschläger

Über dem „Flaggschiff“ der zukünftigen Parlamentsbauten in Berlin, dem Reichstagsgebäude, baumelt seit gestern der Richtkranz. Nach rund zwei Jahren Bauzeit ist die Stahlkonstruktion für die umstrittene Kuppel des Londoner Architekten Norman Foster auf dem Dach des Reichstags fertiggestellt. Die begehbare Rampe zur Aussichtsplattform unter dem „gläsernen Ei“ ist vollständig montiert. Und auch im Innern gehen die Arbeiten für den Ausbau des Plenarsaals des Bundestages „fristgerecht“ voran. Der ovale Saal und die Zuschauertribünen sind im Rohbau abgeschlossen.

Der zügige Umbau des 600 Millionen Mark teuren Reichstagsgebäudes, sagte Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) gestern beim Richtfest vor 1.500 Bauarbeitern und Gästen, bedeute nicht nur, daß der Umzug des Bundestages von Bonn nach Berlin „termingerecht“ stattfinden werde. Zugleich sei sichergestellt, daß das Parlament zu seiner ersten Sitzung im Frühjahr 1999 in der Hauptstadt zusammenkommen könne. Süssmuth pathetisch: „Der Deutsche Bundestag wird hier seine Arbeit in Kontinuität zu den Werten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und mit Blick auf das größer gewordene Europa fortsetzen.“

Eine Gefährdung der Übersiedlung von Regierung und Parlament durch zu hohe Kosten und planerische „Unsicherheiten“ schloß die Bundestagspräsidentin aus. Vielmehr hätten der Architekt sowie die Bundesbaugesellschaft Berlin (BBB) bewiesen, daß mit „Fleiß und Zähigkeit“ Bauablauf und Kosten eingehalten werden konnten.

Während die BBB beim Renommierprojekt Reichstag schon jetzt die Tage bis zum „Opening“ zählt – „noch 66 Wochen bis zur Fertigstellung des Parlamentssitzes“ –, geht es bei den anderen Bundesbauten weniger fleißig zu. Vielmehr steht fest, daß die Abgeordneten noch über das Jahr 1999 hinaus mit Gummistiefeln und am Rand von Baugruben entlang in den Plenarsaal werden gehen müssen. Es scheint sicher, daß die Arbeiten für die Büros der Parlamentarier erst in den Jahren 2000 und 2001 abgeschlossen sein werden.

Der Bezug der sogenannten Alsenblöcke im Spreebogen und der Dorotheenblöcke hinter dem Reichstag für rund 4.500 Bundestagsmitarbeiter verschiebt sich, da sich die Herstellung der Baugrube um Monate verzögert hatte. Ebenso unklar ist die Fertigstellung der Luisenblöcke und des unterirdischen Tunnelsystems zur Erschließung des Reichstags, die eigentums- und planungsrechtlichen Genehmigungen fehlen dort noch.

In den Sternen steht schließlich, bis zu welchem Termin die riesige Grube des Tiergartentunnels unter dem Gelände des Regierungsviertels endgültig „gedeckelt“ werden kann. Nach der Havarie im Sommer, bei der ein Wassereinbruch im südlichen Eisenbahntunnel zum Stillstand der Bohrungen führte, sind die Arbeiten dort ins Stocken geraten. Der Kanzler hat für den Fall der Fälle schon vorgesorgt: Weil das neue Kanzleramt frühestens 2000 bezugsfertig sein wird, hat sich Helmut Kohl im einstigen Staatsratsgebäude ein Provisorium aufgeschlagen. Neben Erich Honeckers früherem Dienstzimmer werden für den Bundeskanzler derzeit mehrere Räume renoviert – mit Blick auf den Palast der Republik.

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