piwik no script img

Bierdosen für alle

■ Die Pogo-Partei will ein Prozent, denn dann gibt es Wahlkampfkostenerstattung

Verarschung ist auch Arbeit. Eine anstrengende sogar. Ewig „Arbeit ist scheiße“ brüllen und „Saufen, saufen, jeden Tag nur saufen“. Gewalterlebnisparks für Nazis fordern und in Fußgängerzonen die Diktatur des Pöbels beschreien – „total stressig“, so ein Wahlkampf, klagt Karl Nagel, Chef der Anarchistischen Pogo- Partei Deutschlands (APPD).

Ein Prozent der Stimmen möchten er und seine 50 MitanarchistInnen bei Hamburgs Bürgerschaftswahl bekommen. Denn wer das schafft, dem erstattet der Staat die Wahlkampfkosten. „Von dem Geld machen wir die asozialste Freibierfete, die es je gegeben hat“, verkündet Nagel, der eigentlich Peter Altenburg heißt. Bevor er „Chefideologe“ der Pogo-Partei wurde, hat er in Hannover die Chaos-Tage organisiert. Die APPD sieht der 36jährige als „einen legalen Arm“ des Punker-Treffens an, am Sonntag beteiligt sie sich zum erstenmal an einer Wahl.

„Wir wollen auch mal absahnen“, rufen bierdosenschwenkende Kandidaten. Gegen die Schließung der Bavaria-Brauerei auf St. Pauli ist man, für Arbeitslosigkeit bei vollem Lohnausgleich und für „Mitfickzentralen in jedem Stadtteil“. Sexistisch? Aber nein! „Unsere Frauen fordern schließlich das gleiche.“

Doch der Pogo-Partei geht es um mehr als nur Satire. „Wir wollen zeigen, daß unsere Forderungen genauso realistisch sind wie die anderer Politker, die mit diesem oder jenem Konzept die Arbeitslosigkeit beseitigen wollen“, erklärt Karl Nagel.

Es gelte, Asoziale und Nichtwähler aus der Passivität zu holen. „Und wir wollen einen Berg aus Bierdosen produzieren, um zu zeigen, was nach der Wahl von Stimmen übrigbleibt: Müll.“ Wenn nicht wenige die anarchistische APPD für eine Clique bierseliger Komiker halten – auch gut. Doch auch das Gegenteil ist der Fall: „Kommt schon vor, daß uns jemand ernst nimmt“, sagt Nagel. „Meistens brave Bürger oder Linke.“ Judith Weber, Hamburg

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen