: Korruption im Amt
■ Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Leiter der Strahlenmeßstelle wegen Untreue
Ein Fall von Korruption im öffentlichen Dienst beschäftigt derzeit die Staatsanwaltschaft. Deren Pressesprecherin Michaela Blume bestätigte gestern, daß gegen den Leiter der Strahlenmeßstelle, Udo M., wegen Untreue ermittelt wird. Mit Hinweis auf das laufende Verfahren und geplante weitere Ermittlungen machte Blume keine weiteren Angaben zu den Vorwürfen.
Der Strahlenschutzexperte soll jahrelang mit gefälschten Papieren Ausschreibungen einem nahen Verwandten zugeschustert haben. Aufgrund von anonymen Hinweisen wurden in den vergangenen Woche der Arbeitsplatz und die Wohnräume des 58jährigen durchsucht und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt.
„Der Verdacht ist so gravierend, daß die Suspendierung ausgesprochen wurde“, sagte der Pressesprecher der Senatsumweltverwaltung, Joachim Günther, der die Strahlenmeßstelle unterstellt ist. Udo M. war als Referatsleiter unter anderem zuständig für die Anschaffung von teuren Meßgeräten und die Vergabe von Reparaturaufträgen. Die Strahlenmeßstelle ist eine Behörde mit 20 Mitarbeitern, die über ein jährliches Budget von etwa 1,5 Millionen Mark verfügt und unter anderem allgemeine Luftmessungen durchführt.
Derzeit wird auch geprüft, wie die Unregelmäßigkeiten jahrelang unbemerkt bleiben konnten. Denn in der Senatsumweltverwaltung gibt es seit 1995 eine Revisionsabteilung, die neben haushaltsrechtlichen Dingen überprüft, ob bei Auftragsvergaben alles mit rechten Dingen zugeht. Nach Angaben von Joachim Günther von der Senatsumweltverwaltung sei in dem aktuellen Fall eine „Systematik“ zu erkennen. Die Vorwürfe hätten eine „Dimension, die wir so nicht kennen“. Für Günther steht fest: „Wer die Revisionsabteilung umgehen will, der tut es.“
Auf Betreiben von Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) war im Sommer 1995 eine 12köpfige Antikorruptions-Arbeitsgruppe des Senats eingerichtet worden. Ihr Ziel: Korruptionsanfällige Bereiche besser ausfindig zu machen und gesondert zu überwachen, um korruptive Sachverhalte frühzeitig erkennen und bekämpfen zu können. Seit 1996 besteht zudem für alle Beamten und Angestellte eine gesetzliche Anzeigepflicht beim Verdacht auf Bestechung im Amt. Seit Bestehen der Arbeitsgruppe bis jetzt sind nach Angaben der Pressesprecherin der Justizverwaltung, Corinna Bischoff etwa 100 Verdachtsmeldungen an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden. Im ersten Jahr ihres Bestehens war es zu 69 Anklagen gekommen. Barbara Bollwahn
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