„Weltweit ausstrahlende negative Atmosphäre“

■ Hamburgs Wirtschaftsverbände: die Große Koalition für eine Große Koalition

Geballte Manneskraft hatte sich gestern an einem Tisch vereint, um den Medien in aller Eindringlichkeit die Gefahren einer rotgrünen Regierungsbildung aufzuzeigen: Nikolaus Schües, Präses der Handelskammer, Dieter Horchler, Präsident der Handwerkskammer, Hellmut Kruse, Chef der Unternehmerverbände, und einigen anderen Herren stand die Angst vor einer GALischen Regierungsbeteiligung ins Gesicht geschrieben.

Mit großer Sorge betrachtet Schües die kleine grüne Partei. Wer „sich ausschließlich an Minderheiten orientiert“, gefährde die „zentrale Lebensquelle“der Stadt: die Wirtschaft. Und deshalb müsse er „absolut unparteiisch“daran erinnern, daß zwischen CDU und SPD ein „großer Konsens“bestehe, und sie somit „in der Pflicht stehen, diesen Konsens in Taten umzusetzen“.

Auch Handwerkspräsident Horchler will sich „nicht in die Politik einmischen“und empfiehlt „eine große Koalition“, die Hamburgs „einzige Chance“sei. Zwar würde das Handwerk „von einzelnen Maßnahmen der GAL sogar profitieren“, aber darum ginge es ja gar nicht, sondern ums große Ganze. „Wir brauchen diese rotgrünen Experimente nicht.“Und im übrigen habe er den designierten Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) „als Wirtschaftssenator sehr geschätzt.“(Runde ist Finanzsenator.)

In Zusammenarbeit mit der GAL aber bestehe die Gefahr, daß bei Sozialleistungen nicht gespart würde. Überhaupt suche „nur ein Drittel der Arbeitslosen wirklich Arbeit“. Denen gelte es zu helfen. Der Rest müsse „anders genannt“werden.

Selbst wenn die GAL keine wirtschafts- und damit arbeitsplatzfeindlichen Entscheidungen treffe, könne ihre schlichte Anwesenheit auf der Regierungsbank schädlich wirken. Denn die „weltweit ausstrahlende negative Atmosphäre“sei „psychologisch“ja schon schlimm genug, so Schües. Und eine Straßenbahn zum Flughafen wolle er auch nicht, sondern eine U-Bahn. Gespart werden müsse aber auch. Wo? „Da will ich mich jetzt nicht festlegen.“

Festlegen wollten sich die Wirtschaftsvertreter jedoch bei ihrer Kritik am schwarz-grünen Vorstoß, das Bezirksverwaltungsgesetz zu kippen: „Um es gelinde auszudrücken: Das ist nicht optimal.“

Mit den Vorwürfen von (Zwangs-) Mitgliedern, Schües äußere „eindeutige parteipolitische Stellungnahmen“und sei „untragbar“(taz vom 29.9.97), will er sich erst noch „befassen“. Auch die GAL-Fraktionschefin Krista Sager wirft den Kammern vor, „deutlich ihren Auftrag“zu überschreiten. In Hessen habe Rotgrün der Wirtschaft genutzt, nicht geschadet.

Wollen Handels- und Handwerkskammer Unternehmen von Investitionen in Hamburg abraten, wenn es zu Rotgrün kommt? „Aber neeeiin“, grätscht Schües. „Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, werden wir es natürlich nicht ertrinken lassen, sondern holen es wieder raus.“ Silke Mertins