: Wenn Politiker rechts hinausschlittern
■ Politiker von CDU und CSU nehmen es mit den Gesetzen manchmal nicht so ernst – vor allem die Promillegrenze. Ein paar Fallstudien
Berlin (taz) – Rechts auf Kurs zu bleiben war für Heinrich Lummer schon immer eine Herzensangelegenheit. Ob in den 80er Jahren als raümungswütiger Berliner Innensenator oder als Bundestagsabgeordneter – stets predigte Lummer Law and order. Am zweiten Weihnachtsfeiertag des vergangenen Jahres allerdings mußte Lummer in Berlin rechts ranfahren: Zwei Polizeibeamte ließen den angeheiteren Christdemokraten ins Röhrchen blasen. Ihr Vermerk raubte Lummer die Festtagsstimmung:
Satte 1,96 Promille hatte der „Mann fürs Grobe“ (Der Spiegel) getankt – ausreichend, um im Juni dieses Jahres von einem Berliner Gericht zu einer Geldstrafe von 6.000 Mark und zu sieben Monaten Führerscheinentzug verurteilt zu werden. Noch kräftiger als Lummer griffen in der Vergangenheit CSU-Mitglieder zur Flasche, bevor sie zu ihren Autos torkelten. Wolf Feller, einst Programmdirektor beim Bayerischen Rundfunk, trank sich im Juli 1994 bis auf 2,36 Promille hoch – bis heute ungebrochene CSU-Spitzenmarke. Bei seiner wilden Kurverei durch München-Grünwald rammte er mit seinem schnittigen Porsche 911 einen entgegenkommenden BMW – beide Wagen blieben mit Totalschaden liegen.
Die Skala betrunkener CSU- Fahrer ist lang: Franz Stadler, ADAC-Ehrenpräsident, legte mit 1,4 Promille 1989 rund 40.000 Mark Sachschaden auf den Asphalt, der damalige Bamberger Oberbürgermeister Paul Röhner schaffte es im selben Jahr auf 1,94 Promille – zu einem Zeitpunkt, als Verkehrsminister und Parteifreund Friedrich Zimmermann Tempolimits als „sozialistische Gleichmacherei“ geißelte. Unvergessen aber bleibt der Fall des früheren CSU-Generalsekretärs Otto Wiesheu. Im Oktober 1983 rammte er mit seinem Mercedes 380 SE und mindestens 1,75 Promille im Blut einen Fiat 500. Die Opfer waren ein Rentner, der sofort tot war, und ein schwer verletzter Beifahrer. Wiesheu hatte Glück: Er wurde nur leicht verletzt. Anschließend besorgte er sich ein feinsinniges professorales Gutachten, das ihn entlastete: Bayerns Richter verurteilten ihn zu einer elfmonatigen Bewährungsstrafe. Severin Weiland
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