Nachgefragt
: Justizressort macht Rückzieher

■ Justiz-Akten werden grundsätzlich herausgegeben / Göbel dementiert

„Der Konflikt hat sich ziemlich in Luft aufgelöst“, meinte Datenschutzbeauftragter Stefan Waltz gestern abend nach einer zweistündigen Sondersitzung der Obleute des Knastskandal-Untersuchungsausschusses mit dem Staatsrat des Ressorts, Ulrich Mäurer. Grund der Sitzung: Die Behörde hatte erklärt, daß vertrauliche Akten nicht kopiert und an alle Ausschußmitglieder verteilt werden dürften (vgl. taz 14.10.). Ein Mitarbeiter des Res- sorts hatte ausdrücklich auf die letzte Veröffentlichung in der taz (11.10., „Der seltsame Tod eines Knackis“) verwiesen, in die angeblich Informationen aus vertraulichen Akten eingeflossen wären. „Hinter vorgehaltener Hand“sei es um die Weitergabe an Journalisten gegangen, meinte auch der stellvertretende Ausschußvorsitzende, der CDU-Politiker Helmut Pflugradt.

In der Beratung gestern beharrte Staatsrat Mäurer nicht mehr auf dieser Position. Man wolle nicht „rein theoretisch darüber diskutieren“, erläuterte Pflugradt gegenüber der taz, sondern am konkreten Fall. Ausschußvertreter werden nun im Gefängnis Oslebshausen alle Akten, die sie sehen wollen, sichten, auch die vertraulichen Personalakten, und danach sagen, welche für die Ausschuß-Themen relevant sind und welche nicht. Medizinische Gutachten zum Beispiel, die unter Datenschutz-Aspekten hochsensibel sind, interessieren den Ausschuß in aller Regel nicht und würden dann auch nicht „angefordert“. Dokumente, die Aufschluß über Gewalt-Vorfälle im Knast geben könnten oder deren weitere dienstliche Behandlung, sollen auch dann angefordert werden, wenn sie aus der Personalakte stammen. Pflugradt unterstrich dabei, daß der Ausschuß das Recht hat, alle Akten anzufordern, die er für erforderlich hält. Bei einzelnen Akten sei also durchaus denkbar, daß die nicht breit kopiert, sondern nur an einer Stelle „einsehbar“sein würden. Für die Masse des Materials soll das aber nicht gelten. In seiner letzten Sitzung hatte die Bürgerschaft eine „Datenschutzordnung“beschlossen, in der sieben praktische Verfahren für vertrauliche Unterlagen aufgeführt werden.

Göbel: Nichts von Mißhandlung gewußt

Heftig dementiert hat der frühere Justizstaatsrat Göbel die Behauptung des gestrigen taz-Kommentars, er habe schon im Januar 1996 von einem schwerwiegenden Fall von Gefangenenmißhandlung gewußt und nicht reagiert. Göbel verweist darauf, daß der Vorfall erst am 17. Januar 1996 stattgefunden hat, wenn er damals erfahren hätte, was er heute darüber weiß, hätte er sofort reagiert. Ihm waren erst im Frühjahr vage Gerüchte über den Vorfall zugetragen worden.

Nachdem bekannt geworden war, in welchem Umfang Informationen über die Vorgänge im Gefängnis Oslebshausen nur gefiltert oder überhaupt nicht an die politisch verantwortliche Justizbehörde weitergegeben worden waren, war Staatsrat Göbel zurückgetreten. K.W.