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Keine UNO-Initiative für Algerien

Die Menschenrechtskommission in Genf ist von neuen Aufrufen zu einer Sondersitzung nicht beeindruckt. Bislang hat sich kein Staat bereit erklärt, ein solches Treffen einzuberufen  ■ Von Andreas Zumach und Reiner Wandler

Genf/Madrid (taz) – Trotz immer neuer Rufe nach einer Sondersitzung der Genfer UNO-Menschenrechtskommission zur Lage in Algerien ist bislang keiner der 53 Mitgliedsstaaten des Gremiums bereit, eine entsprechende Initiative zu ergreifen. Neun Tage vor den Kommunal- und Departementswahlen, mit denen der algerische Präsident Liamine Zéroual sein Projekt der „Rückkehr zu Normalität und Demokratie“ abschließen will, unterstützten gestern vier Organisationen in einem gemeinsamen Aufruf die Forderung nach Einberufung der Menschenrechtskomission. Amnesty international (ai), die Internationale Föderation für Menschenrechte (FIDH), Human Rights Watch sowie die Reporter ohne Grenzen schlossen sich damit einer entsprechenden Initiative des Genfer Internationalen Dienstes für Menschenrechte von Ende September an.

Algerien sei „weit von einer Befriedung entfernt“, heißt es in dem Aufruf der vier Organisationen. Die algerische Armee schaue nicht nur untätig zu, wie die Zivilbevölkerung niedergemacht wird, sondern verletze selbst die Menschenrechte: „Exekutionen ohne Gerichtsverfahren, willkürliche Todesschüsse, Folter, Entführung, Verschwindenlassen und Geiselnahme sind längst zur Routine geworden.“

Die neue UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte Mary Robinson äußerte gestern auf Anfrage der taz ihre „extreme Besorgnis“ über die Lage in Algerien. Die Massaker und schweren Menschenrechtsverstöße seien „keine innere Angelegenheit“ des nordafrikanischen Landes. Ähnlich hatten sich auch UNO-Generalsekretär Kofi Annan sowie das Kinderhilfswerk der UNO (Unicef) und das Flüchtlingshochkommissariat geäußert. Doch trotz dieser deutlichen Worte ließen „konkrete Schritte, um die Spirale der Gewalt zu durchbrechen und die Sicherheit der Zivilbevölkerung zu gewährleisten“ auch weiterhin auf sich warten, kritisieren die vier Menschenrechtsorganisationen in ihrem Aufruf. Die UN-Menschenrechtskommission müsse die Lage „genau untersuchen und die Wahrheit enthüllen“. Dies sei „der notwendige erste Schritt, um Lösungen für die Menschenrechtstragödie zu finden“. Ausgehen könnte eine solche Initiative von den EU- Mitgliedsländern, die im Rahmen der EU-Mittelmeerkonferenz 1995 in Barcelona eine besondere Verantwortung für die Region übernommen hätten.

Sondersitzungen der UNO- Kommission wurden in der 50jährigen Geschichte des Gremiums erst zweimal einberufen. Voraussetzung ist der Antrag mindestens eines der 53 Mitgliedsstaaten, dem dann innerhalb einer Frist von 15 Arbeitstagen eine Mehrheit von mindestens 27 Mitgliedern zustimmen müsse.

UNO-Hochkommissarin Robinson bemühte sich gestern in Genf hinter den Kulissen vergeblich darum, zumindest eine Land für eine entsprechende Initiative zu gewinnen. Zur Begründung für die abwartende Haltung erklären Genfer Diplomaten, es sei „völlig unklar“, was das Ergebnis einer Sondersitzung sein könne. Denn das UNO-Gremium habe nur ein Mandat zur Untersuchung von Menschenrechtsverstößen staatlicher Stellen, nicht aber von Terroristen. Im übrigen habe sich die algerische Regierung „jegliche Einmischung verbeten“ und sei nicht bereit, einen Sonderberichterstatter zur Untersuchung der Menschenrechtsverstöße ins Land zu lassen oder in irgendeiner anderen Form mit der UNO-Kommission zu kooperieren. Kommentar Seite 12

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