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Aktive Sterbehilfe in USA legal

■ Das Oberste Gericht der USA weist die Beschwerde gegen ein Sterbehilfegesetz in Oregon zurück. Am 4. November soll das Volk entscheiden. Laut Umfragen ist die Mehrheit dafür

Washington (taz/wps) – Der Oberste Gerichtshof der USA hat eine Beschwerde gegen das Sterbehilfegesetz im Bundesstaat Oregon zurückgewiesen. Nach dem 1994 verabschiedeten Gesetz ist es Ärzten in Oregon erlaubt, unheilbar kranken Patienten todbringende Medikamente zu verschreiben, wenn diese darum bitten und ihre Lebenserwartung unter sechs Monaten liegt. Der Patient muß bei klarem Verstand sein und die Bitte vor Zeugen einmal schriftlich und einmal mündlich äußern. Oregon ist der einzige US-Bundesstaat, der die Sterbehilfe unter diesen Bedingungen legalisiert hat. Das Gesetz war in einer Volksabstimmung mit 51 zu 49 Prozent angenommen worden.

Anwälte des „National Right to Life Committee“ (NRLC) hatten daraufhin das Gesetz als verfassungswidrig angegriffen. Unheilbar Kranke, so ihre Argumentation, seien durch diese Sondergesetzgebung vom generellen Recht auf Schutz ihres Lebens ausgeschlossen.

Ein Bundesrichter in Oregon hatte dieser Beschwerde zunächst stattgegeben. Der Beschluß wurde jedoch im vergangenen Jahr vom US-Appellationsgericht wieder aufgehoben. Die Beschwerdeführer, erklärte das Gericht, seien durch die Gesetzgebung in keiner Weise bedroht – und insofern nicht beschwerdeberechtigt. Dagegen zog wiederum die NRLC mit einer Verfassungsklage vor das Oberste Gericht. Im Juni erklärten die Obersten Richter, die Verfassung decke zwar kein „Sterberecht“ des einzelnen – schlossen aber gleichzeitig die Möglichkeit einer ärztlich betreuten aktiven Sterbehilfe auch nicht aus. Die Diskussion über dieses ernste Thema, so die Richter, solle in allen Bundesstaaten geführt und von den Staaten und den Wählern entschieden werden, nicht von den Gerichten, argumentierten sie.

Da paßt es, daß bis zum 4. November in Oregon nun noch einmal per Volksentscheid über einen Antrag abgestimmt wird, das Gesetz außer Kraft zu setzen. Befürworter sind vor allem Lebensschützer und katholische Kirche. Inzwischen ist selbst die Werbung zum Streitgegenstand geworden. Ein Fernsehspot der „Ja“-Kampagne zeigt einen jungen Mann, der sich qualvoll in Todeszuckungen windet – angeblich infolge einer tödlichen Injektion. Befürworter der Sterbehilfe attackierten den Spot als plumpe Fälschung. Die Sterbewilligen würden vielmehr sanft ein- und entschlafen. Mehrere Fernsehstationen weigern sich, den Spot auszustrahlen.

Die Abstimmungsunterlagen werden dieser Tage verschickt. Nach Umfragen sind rund 60 Prozent der Wahlberechtigten gegen die Abschaffung des Gesetzes. Für den Fall, daß sie wieder unterliegen, haben die Lebensschützer bereits weiteres gerichtliches Vorgehen angekündigt. pkt

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