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Rechenspiele ohne solide Grundlage

■ Bündnis 90/Grüne: Kauf städtischer Krankenhäuser durch Wohlfahrtsverband „unrealistisch“

Nach Ansicht des gesundheitspolitischen Sprechers der Bündnisgrünen, Bernd Köppl, ist das Angebot des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV), alle städtischen Krankenhäuser zu übernehmen, nicht „seriös“. Wenn der DPWV tatsächlich die elf Häuser für einen geschätzten Preis von 1,5 Milliarden Mark kaufen würde, müßte das DPWV für den Kredit bei „mindestens“ 6,5 Prozent Kapitalzinsen und 1 Prozent Tilgung für die nächsten 28 Jahre jährlich 112,5 Millionen Mark an die Landesbank zahlen. Diese Summe müßten die Kliniken jährlich zusätzlich erwirtschaften. „Das bedeutet, daß im Gegenwert entweder 1.500 Stellen abgebaut werden müssen oder mit dem vorhandenen Personal bei gleicher Leistung ein Gewinn in dieser Höhe erwirtschaftet werden muß.“ Beides sei jedoch „unrealistisch“.

Normalerweise bezahlen Träger, wenn sie ein öffentliches Krankenhaus übernehmen, kein Geld an das Land. Sie bewirtschaften lediglich das Haus. Die Krankenkassen kommen weiterhin finanziell für das Personal und die Patientenversorgung auf. Insgesamt stehen den Kassen dafür jährlich 6 Milliarden Mark zur Verfügung, fast 50 Prozent des Geldes werden für die städtischen Häuser inklusive der Uniklinika verbraucht. Dreiviertel der Summe sind Personalkosten. Köppl geht jedoch davon aus, daß die elf öffentlichen Krankenhäuser vom Senat nur dann abgegeben werden, wenn sie auch verkauft würden. Mit einem Verkauf würde der Senat zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Stadt nimmt 1,5 Milliarden Mark ein und entläßt rund 25.000 öffentlich Beschäftigte in die Obhut des DPWV.

Der DPWV hofft dagegen, daß die 112,5 Millionen Mark Belastung einerseits durch Krankenhausgrundstücksverkäufe, andererseits durch eine effektivere Bewirtschaftung der Häuser getilgt werden. Hans-Jochen Brauns, DPWV-Geschäftsführer, geht davon aus, daß durch den Verkauf der teilweise sehr lukrativen Grundstücke „ein erheblicher Teil des Geldes“ zurückfließt. Das könnten zum Beispiel Grundstücke am Krankenhaus Buch oder in Zehlendorf sein. Köppl kritisiert das: „Die parkähnlich angelegten Krankenhausstrukturen sind Juwele der Stadt und sollten nicht aus Kostengründen zerstört werden.“ Als Alternative zu einer DPWV- Übernahme schlägt Köppl vor, daß städtischen Krankenhäusern mehr Eigenständigkeit gegeben wird, ohne sie aus der öffentlichen Hand zu entlassen. Dazu müßte jedoch das Krankenhausgesetz novelliert werden. Julia Naumann

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