„Der Mann von Elf“ regiert Kongo-Brazzaville

■ Der Sieg von Sassou-Nguesso entspricht den Interessen der französischen Ölindustrie

Berlin (taz) – Hinter der Machtergreifung des früheren Militärherrschers Denis Sassou-Nguesso in Kongo-Brazzaville und dem Sturz seines Vorgängers Pascal Lissouba verbergen sich gewichtige internationale Interessen. Lissouba ist davon überzeugt, daß der Sieg seines Gegners Sassou- Nguesso dem Wunsch gewisser Kreise in Frankreich entspricht. Der Grund, so sagte Lissouba bereits im Juni, sei, daß er Kongos Ölindustrie US-Konzernen geöffnet hatte.

Vorwürfe, französische Kreise bewaffneten auf inofiziellem Wege Sassou-Nguesso, wurden mehrmals in der französischen Presse publiziert. Frankreichs Präferenz für Sassou-Nguesso ist kein Geheimnis: Auf Lissoubas Wunsch nach französischer Militärintervention hieß es dieses Jahr in Paris, es gebe seit 1963 leider kein Abkommen über Militärhilfe mit der Republik Kongo mehr. 1987 aber half Frankreich dem damaligen Präsidenten Sassou-Nguesso, eine Rebellion niederzuschlagen.

An Kongo-Brazzavillle interessiert Frankreich vor allem das Öl. Das Land ist der viertgrößte Ölproduzent Afrikas; der französische Konzern Elf leistet 7,1 Millionen der 10,3 Millionen Tonnen Jahresölförderung und hat jüngst zusammen mit der italienischen Agip umfangreiche Investitionen in neuen Ölfeldern vor der Küste getätigt. Unter Sassou-Nguesso könne Elf mit besseren Geschäftsbedingungen rechnen, meinte jetzt die Pariser Zeitung Le Monde. Gegenüber AFP sagte ein Mitarbeiter Lissoubas, Elf habe 150 Millionen Dollar in Sassou-Nguessos Kriegskasse gezahlt. AFP zitierte dazu einen ungenannten „Ölexperten“ mit den Worten: „In Kongo führt Elf Regie, und Sassou-Nguesso ist der Mann von Elf. Als er vor fünf Jahren an die Macht kam, wollte Präsident Lissouba das verändern und den französischen Einfluß verringern, aber er merkte schnell, daß Elf ihn an der Gurgel hielt, weil Kongo bei Elf verschuldet ist.“ Elf betreibt nach Presseberichten einen eigenen Geheimdienst, der ehemalige Angehörige des offiziellen französischen Geheimdienstes beschäftigt.

In Sassou-Nguessos Machtergreifung äußert sich eine Interessengleichheit von Frankreich und Angola, dessen Truppeneinsatz den Krieg in Kongo-Brazzaville entschied. Angola gilt als eines der Länder in Afrika, in denen Frankreich seinen Einfluß verstärken möchte. Französische Diplomaten stünden „in ständigem Kontakt“ mit der Regierung Angolas, sagte letzte Woche ein Sprecher des Pariser Außenministeriums. In Frankreichs Zusammenwirken mit Angola konkretisiert sich die Veränderung der französischen Afrikapolitik, die ein Politiker in Paris jüngst gegenüber der taz als Zusammenarbeit „mit erwachsenen Ländern, die ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen“ bezeichnete.

Das Lager des unterlegenen Lissouba dagegen genoß die Unterstützung der USA und der Demokratischen Republik Kongo (Exzaire). Diese beiden Länder sind die Verlierer bei den Vorgängen in Kongo-Brazzaville. Die USA scheiterten im UN-Sicherheitsrat am Donnerstag mit dem Versuch, Sanktionen gegen Sassou-Nguesso zu verhängen, um ihn zur raschen Demokratisierung zu zwingen.

Laurent Kabila, Präsident der Demokratischen Republik Kongo, wurde bei seiner Machtergreifung im Mai noch von Angola unterstützt, unter anderem durch die Entsendung der Katanga-Gendarmen, in Angola basierte zairische Exilrebellen. Emile Ilunga, ein Führer der Katanga-Gendarmen, hat sich aber kürzlich von Kabila losgesagt und eine mit „revolutionären Mitteln“ auszuführende „Korrektur“ von Kabilas Kurs verlangt. Der Umsturz in Brazzaville könnte ein Vorspiel zu politischen Erschütterungen in Kinshasa darstellen. Dominic Johnson