Ein Loch voller Gerüchte

Dasa: Senat hält „Machbarkeitsstudie“unter Verschluß, Insider bestreiten Notwendigkeit, Mühlenberger Loch dem Airbus zu opfern  ■ Von Heike Haarhoff

Feucht und modrig dümpelt das Mühlenberger Loch in Finkenwerder vor sich hin. „Bisher noch keine Einigung“in den Koalitionsverhandlungen, bedauerte Hamburgs künftiger Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) gestern, gebe es bei dem rotgrünen Reizthema „Dasa-Erweiterung“: Gegen den erklärten Willen der GAL beharrt die SPD darauf, Teile des 700 Hektar großen Landschaftsschutzgebietes Mühlenberger Loch zuzuschütten, sollte der Hamburger Flugzeugbauer Daimler-Benz Aerospace Airbus (Dasa) zur Jahreswende 1998/99 den Auftrag zur Endmontage des Riesen-Airbusses A 3XX erhalten.

Offiziell bestätigte die Dasa gestern die SPD-Position: „Sollte die Entscheidung auf Hamburg fallen, brauchen wir auf alle Fälle eine Geländeerweiterung“, stellte Unternehmens-Sprecher Rolf Brandt klar. Und: „Eine hierzu vom Hamburger Senat erstellte Machbarkeitsstudie ergab, daß nur das Mühlenberger Loch dafür in Frage kommt. Diese Position wird aufgrund der umfangreichen Vorgespräche von der Dasa unterstützt.“Anderslautende Aussagen, daß man den Airbus auch auf einer anderen, ökologisch weniger umstrittenen Fläche bauen könne, seien Gerüchte.

Nach Informationen der taz dagegen sind sie das keineswegs. Der rotgrüne Streit ließe sich beilegen, indem man die Werkserweiterungsfläche ganz einfach verlagert: entweder südlich des Dasa-Werks ins Naturschutzgebiet Alte Süderelbe hinein (schlechterenfalls) oder östlich des Werks (besserenfalls) auf eine 70 Hektar große, weitestgehend brachliegende Gewerbefläche, die derzeit vom Rüsch-Kanal durchtrennt wird. Letzterer müßte zu diesem Zweck allerdings zugeschüttet werden. Außerdem, so die Stadtentwicklungsbehörde gestern „skeptisch bezüglich dieser Spekulationen“, müßten dann zwei Dasa-Zulieferbetriebe und der Sportboothafen umgesiedelt werden.

Beides aber erscheint möglich: So erklärte gestern gegenüber der taz ein ehemaliger leitender Beschäftigter des Hamburger Werks, der nicht namentlich genannt werden möchte, die Modellkonstruktionen und Planungen für den Riesenjet A 3XX seien noch in einem „so frühen Stadium“, daß man heute nicht sagen könne, wieviel Fläche für seine Endmontage exakt benötigt werde. Auch müsse das Mühlenberger Loch nicht zugeschüttet werden, wenn man eine Ersatzfläche habe.

Wichtig, ergänzte ein anderer Branchenkenner, seien lediglich zwei Dinge: Um die endmontierten Airbusse testen zu können, brauche man eine Start- und Landebahn sowie – für die Anlieferung der sehr großen Einzelteile – den Zugang über den Seeweg. Beides sei in Finkenwerder gegeben, egal ob in oder neben dem Landschaftsschutzgebiet.

Warum Dasa und SPD dennoch auf dem Mühlenberger Loch unter Berufung auf die „Machbarkeitsstudie“als einzigem Standort beharren, ist selbst Senatssprecher Cord Schellenberg ein Rätsel: „Bei dieser Studie handelt es sich um eine streng vertrauliche Senatsdrucksache“. Die habe der damalige Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) „lediglich seinen Senatskollegen und deren Staatsräten gezeigt“– bevor er sie in der Schubalde verschwinden ließ.