: „Wir wollen das ökologisch Machbare“
■ Die Cherry Mikroschalter GmbH baut jetzt eine umweltfreundliche Computertastatur
Die nächste Cebit, die Computerfachmesse in Hannover, kommt bestimmt. Schon heute ist absehbar, daß die Festplatten noch größer, die Prozessoren noch schneller und die Multi-Media-Anwendungen noch umfangreicher werden. Einen ganz anderen Schwerpunkt will die Cherry Mikroschalter GmbH setzen: Der Marktführer bei den Computertastaturen aus dem oberpfälzischen Auerbach plant, ein umweltfreundliches Keyboard zu präsentieren.
Diese Innovation ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen Cherry und dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Begonnen hatte diese Kooperation auf der Cebit '95. „Nachdem wir schon beim Öko-Audit Branchenprimus waren, wollten wir nach unserer Unternehmensphilosophie ,be first!‘ auch bei der Entwicklung zukunftsfähiger Tastaturen die Pole position besetzen“, begründet Umweltbeauftragter Frank Hübner diesen Schritt. Bei mehreren Treffen einigten sich die Umweltschützer mit dem Equipmentunternehmen auf einen Kriterienkatalog, der die gemeinsamen Umweltziele festschreibt. „Uns kam es darauf an, ein möglichst umweltfreundliches Standardprodukt zu entwerfen, und nicht eine neue Öko-Linie für die Marktnische. Die Tastatur ist das erste Element für einen umweltfreundlichen Computer und damit ein wichtiger Schritt für die Ökologisierung der Computerbranche“, hofft Thomas Lenius, Chemieexperte beim BUND.
Einig sind sich Cherry und der Umweltverband, daß die neue Tastatur nur noch PVC-freie Kabel enthalten wird. Auch der Problemstoff Tetrabrombisphenol-A (TBBA), ein bromhaltiges Halogen, das für die Leiterplatinen als Flammschutzmittel dient, fällt weg. „Damit wollen wir das schon heute ökologisch Machbare umsetzen“, so der Cherry-Umweltbeauftragte. Was aber leichter gesagt als getan ist: „Bekommen Sie mal von asiatischen Zulieferern PVC- freie Kabel.“ Nicht nur deshalb wird die neue Tastatur teurer sein als die gängigen Marktmodelle: „Wir werden das neue Keyboard erst einmal in Kleinserie produzieren, bis wir wissen, wie unsere Abnehmer reagieren“, beschreibt Frank Hübner die Absatzstrategie.
Die Nachfrage nach umweltfreundlichen Tastaturen steige, so die Hoffnung von BUND und Cherry, wenn sich weitere Hersteller zur Produktion entschließen könnten. Bei der Siemens Nixdorf Informationssysteme AG (SNI) verhält man sich zurückhaltend. „Wir erfüllen schon die meisten Ziele des Kriterienkatalogs“, behauptet Dieter Dubois, Konstrukteur im Tastaturzentrum des SNI- Werks in Augsburg. So gebe es längst PVC-freie Kabel, und statt der TBBA-haltigen Leiterplatine setze Siemens Nixdorf auf eine Polyesterfolie, auf der die gesamte Elektronik befestigt wird. BUND- Fachmann Lenius widerspricht: „Aus unseren Umfragen zur Computer-Umwelt-Liste wissen wir, daß es bei Siemens Nixdorf PVC- freie Kabel nur gegen Aufpreis gibt.“ Und außerdem: Ohne Halogene kämen heute Elektronikchips in der Regel nicht aus, so Lenius.
Den Schritt zur umweltfreundlichen Tastatur kann der Chemieexperte allen Herstellern als Präventivmaßnahme empfehlen: „Wenn die Elektronikschrottverordnung kommt, sind die Betriebe ohnehin zum Handeln gezwungen.“ Ralf Köpke
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