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Totalfusion von Thyssen-Krupp

Trotz drohender Entlassungen in der Verwaltung hält die IG Metall still. Thyssen-Chef Vogel und Krupp-Chef Cromme ringen schon um den neuen Chefsessel  ■ Aus Essen Walter Jakobs

Gestern nachmittag einigten sich die Aufsichtsrats- und Vorstandschefs von Krupp- Hoesch und Thyssen auf die Fusion aller Geschäftsbereiche. Bislang war nur das Stahlgeschäft zusammengefaßt worden. Trotzdem herrscht Ruhe an der Ruhr. Während vor Jahren die „feindliche Übernahme“ von Hoesch durch Krupp noch Zehntausende von wütenden Stahlarbeitern auf die Straße trieb, geht der Megadeal zwischen Krupp-Hoesch und Thyssen nahezu lautlos über die Bühne. Verantwortlich dafür ist die IG Metall. Harald Schartau, der mächtige Chef der nordrhein- westfälischen Metaller, sprach gestern zwar davon, er betrachte die die Fusion mit „großer Skepsis“, aber im Grundsatz hat auch die IG Metall mit der Entwicklung ihren Frieden gemacht. Vor dem Gespräch auf Chefebene beschränkte sich Schartau gestern darauf, auch für das fusionierte Unternehmen die besonders weitgehende Montanmitbestimmung zu fordern. Ob es dazu kommt, blieb gestern noch ungewiß.

Nach der Verschmelzung der Stahlgesellschaften erwarten die beiden Konzernherren von der Totalfusion noch einmal rasante Einspareffekte von „mindestens 450 Millionen Mark“ jährlich und eine „stärkere Präsenz auf dem Weltmarkt“. Wie viele Arbeitsplätze das kostet, steht dahin. In der Presseerklärung sprach die Chefrunde von „geringer Auswirkung“ auf die Beschäftigung. Doch der IG- Metaller Schartau rechnet vor allem in der Verwaltung mit Entlassungen „in nicht geringem Umfang“. Auch in der Autozuliefersparte, in der beide zusammen einen Jahresumsatz von acht Milliarden Mark erzielen, dürfte es spürbare Rationalisierungen geben. Zahlen sind zwar noch nicht bekannt, doch da beide über zum Teil identische und unausgelastete Produktionslinien verfügen, gelten Stillegungen als sicher.

Insgesamt entstünde durch die Fusion ein Industriekonzern mit rund 63 Milliarden Mark Gesamtumsatz – davon bringt Thyssen 40 Milliarden Mark ein – und mehr als 180.000 Beschäftigten. Zur Thyssen-Gruppe zählen 330 Gesellschaften, zu Krupp etwa 150. In den vergangenen Wochen hatten 19 Arbeitsgruppen alle ökonomisch relevanten Daten aus beiden Konzernen ermittelt und bewertet. Ökonomisch legen die Ergebnisse eine Fusion nahe.

Nach der Grundsatzentscheidung sind nun noch einige wichtige Details auszuhandeln, etwa die Ermittlung des Wertverhältnisses zwischen den Thyssen- und den Krupp-Aktien. Thyssen-Aufsichtsratschef Heinz Kriwet kalkuliert zwei bis drei Monate für die Schlußverhandlungen ein.

Spekulationen der Wirtschaftspresse zufolge könnte die über Krupp herrschende Krupp-Stifung am Ende etwa 20 Prozent am fusionierten Konzern halten. Weil sich der größte Teil der Thyssen-Aktien im Streubesitz befindet, vermutet die Wirtschaftswoche, daß die Krupp-Fraktion mit Hilfe des Iran, der 25 Prozent an Krupp hält, und der Westdeutschen Landesbank „de facto über die entscheidende Mehrheit“ im neuen Konzern verfügen würde. Das sind gute Aussichten für Krupp-Chef Cromme, der mit Thyssen-Vorstandschef Vogel um die Rolle des neuen ersten Mannes im Konzern kämpft. Für Cromme stehen die Chancen aber auch deshalb recht gut, weil die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Vogel einen nur gegen Kaution ausgesetzten Haftbefehl wegen Untreue in den Händen hält. Vor Cromme warnt unterdessen Thyssen-Betriebsratschef Dieter Kroll: „Gegen ihn gibt es mehr als Vorbehalte.“

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