Boykott gegen Krankenhaus-Notopfer

■ Grüne rufen die Versicherten auf, die Sonderabgabe zur Instandhaltung der Krankenhäuser nicht zu zahlen, solange die Verwendung der Gelder unklar ist. Denn der Gesundheitsverwaltung fehle Geld für längst

Nachdem der Ärztekammerpräsident Ellis Huber sich gestern geweigert hat, persönlich das sogenannte „Klinik-Notopfer“ zu zahlen, rufen jetzt auch die Bündnisgrünen zum Boykott auf. Kassenpatienten müssen bundesweit erstmals seit dem vierten Quartal 1997 ein „Krankenhaus-Notopfer“ von 20 Mark jährlich für Instandhaltungskosten für Krankenhäuser zahlen. Das Geld, von dem Sozialschwache ausgenommen sind, muß im Zuge der Gesundheitsreform jährlich bis 1999 gezahlt werden.

Die Grünen haben jedoch noch andere Motive als Huber. Dieser hatte kritisiert, daß ein Großteil des Geldes für Verwaltungskosten verschwendet würde, die durch die Zahlungsaufforderungen entstünden. „Wir fordern die Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen auf, daß sie das Krankenhaus-Notopfer solange boykottieren, bis die Krankenkassen eindeutig erklären, daß sie das eingenommene Geld tatsächlich an die Krankenhäuser auszahlen“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher Bernd Köppl.

Insgesamt würden die Krankenhäuser durch das Notopfer 60 Millionen Mark einnehmen. Damit würde das jetzige Gesamtbudget in Höhe von sechs Milliarden Mark um 1,1 Prozent aufgestockt. Nach Angaben von Köppl weigerten sich die Krankenkassenverbände in Berlin jedoch, rund 50 Millionen Mark der zukünftigen Mittel an die Krankenhäuser auszuzahlen. Lediglich der 1,1prozentige Zuschlag auf sogenannte Fallpauschalen, die für eine Reihe von Operationen berechnet werden, soll weitergegeben werden. „Das ist eindeutig gesetzeswidrig“, glaubt Köppl.

Das Vorgehen der Krankenkassen werde durch die Gesundheitsverwaltung gestützt, kritisiert Köppl. Die Verwaltung habe schon darauf verzichtet, daß die öffentlichen Krankenhäuser Geld aus dem Notopfer-Fonds bekämen und ebenfalls einen Verzicht von den übrigen Trägern gefordert. Der Hintergrund: Gesundheitsstaatssekretär Detlef Orwat (CDU) wolle mit dem Notopfer- Geld vielmehr sein bereits mit den Kassen vereinbartes Krankenhaus-Sanierungsprogramm von über 265 Millionen Mark retten. Hier fehlen der Gesundheitsverwaltung nämlich derzeit 40 bis 60 Millionen Mark. Dieses Loch wolle Orwat mit den Notopfer- Einnahmen stopfen, so Köppl.

Almut Veidt, Sprecherin der Berliner Betriebskrankenkassen (BKK), sagte, daß ihre Kassen derzeit erst sondieren, „wie und wann“ die 20 Mark von den Versicherten abverlangt würden. Erst wenn das geklärt sei, könne man Angaben zur Verwendung der Gelder machen. Auch die Allgemeine Ortskrankenkasse, die an ihre Mitglieder bereits eine Zahlungsaufforderung verschickt hat, hält sich bedeckt: „Wir werden das Geld für Krankenhaussanierung ausgeben“, so Sprecherin Gabriele Rähse. Genauere Angaben wollte sie nicht machen. Dagmar Ulrich, Sprecherin der Gesundheitsverwaltung, meinte gestern lediglich: „Die Verwendung der Mittel wird Gegenstand der Budgetverhandlung im November mit den Krankenkassen sein.“ Bisher sei noch nicht geklärt, wohin das Geld genau fließe. Im Endeffekt würden jedoch die Kassen darüber entscheiden. Julia Naumann