: Wohnen im Alter – aber wie?
■ Ein Fünftel der Stadtbevölkerung heute ist älter als 60 Jahre, Tendenz steigend / Altengerechte Wohnungen aber sind Mangelware und ältere Menschen möchten in ihrer Umgebung bleiben
Die Frage kommt unausweichlich: Wie wohne ich im Alter? Wie kriege ich die Sprudelkiste und die Kartoffeln in den vierten Stock - ohne Aufzug, aber mit künstlicher Hilfe? Was tun, wenn es der Kreislauf plötzlich nicht mehr macht? Ins Altenheim? Oder betreutes Wohnen? Oder eine Senioren-Wohngemeinschaft? Was ist bezahlbar, wieviel Jahrzehnte vorher muß man sich anmelden? Viele Fragen und bislang nur wenige Antworten.
Das Alter ist weiblich. 75 Prozent der über 75jährigen sind Frauen, die meisten sind verwitwet und leben alleine. So sehr diesen veränderten Lebensverhältnissen und Bedürfnissen Rechnung getragen werden muß, so sehr drängt die Zeit: Im Jahr 2030 wird der Anteil der Bevölkerung über 65 Jahren Prognosen zufolge bereits bei 33 Prozent liegen.
„Altsein“, sagt die Vorsitzende des Landes-Seniorenbeirats (LBS), Thea Woost, „bedeutet heute nicht mehr automatisch, krank und gebrechlich zu sein“. Dennoch stünden alle älteren Menschen irgendwann vor der Frage, was aus ihnen werden soll, wenn der Körper einfach nicht mehr mitspielt. Und insbesondere dann, wenn und weil man die meiste Zeit zu Hause verbringt, bestimmt die Zufriedenheit mit der Wohnsituation maßgeblich das Gesamtbefinden.
Derweil beklagen viel Senioren die Qualität der ambulanten Pflegedienste, die ihnen das Bleiben in den eigenen vier Wänden eigentlich ermöglichen sollten. Das Angebot an betreuten Wohnungen - wo man im Notfall den Pfleger herbeiklingeln oder sich Essen aus der Kantine bringen lassen kann - reicht überdies bei weitem nicht, die Wartezeiten sind lang. Die meisten bezahlbaren Seniorenwohnungen sind zudem ausschließlich mit Wohnberechtigungsschein zu ergattern – was für die 30 Prozent der über 60jährigen, die mit weniger als 1.800 Mark im Monat auskommen müssen, durchaus sinnvoll ist. Den übrigen zwei Dritteln der Alten aber, die keineswegs allesamt vermögend sind, stehen nur Luxus-Wohnanlagen mit horrenden Mieten offen, die entweder ihre gesamte Rente verschlingen oder sie nachträglich zu Sozialhilfeempfängern machen. Unter 3.000 Mark im Monat ist kaum einer der Plätze in den senioren-Wohnanlagen zu haben.
Dabei, sagt Thea Woost, wäre es so einfach, die Situation zu entschärfen. Zunächst müsse die §-5-Schein-Bindung aufgehoben werden. Seit seiner Gründung im Jahr 1980 fordert der LSB zudem „barrierefreie Neubauten, die ein lebenslanges Wohnen garantieren würden“. Dazu müßten Fahrstühle auch für zwei- oder dreigeschossige Häuser Pflicht werden, dürfte es innerhalb der Wohnungen keine Schwellen geben, müßten in den Bädern Duschen mit Griffen und Klappsitzen statt Wannen stehen und vor allem die Zimmertüren breiter sein. So hätten die Bewohner in allen Lebensphasen freien Durchgang, egal ob im Zwillingskinderwagen oder im Rollstuhl. Woost: „Keiner kann mir erzählen, daß das teurer sein soll. In Dänemark ist vieles davon Sozialwohnungs-Standard.“
In Bremen geht die Firma Brebau derzeit einen anderen Weg: Sie baut in einem ihrer Hochhaus-Siedlungen einen neuen Trakt mit altengerechten Wohnungen. So können ältere Menschen aus ihren manchmal zu großen Wohnungen ausziehenen, bleiben aber in der vertrauten Umgebung. hh
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