piwik no script img

Mit dem Mietopa in die Ferien

■ Von seinem Büro in Friedrichshain aus vermittelt der Großelterndienst "Wunschomas und -opas" für Kinder alleinerziehender Eltern. Die brauchen für die Unterstützung nur ein paar Mark zu bezahlen

„Mir fällt die Decke auf den Kopf, ich komme überhaupt nicht mehr aus meiner Wohnung“ – diesen Satz bekommt Roswita Winterstein, Leiterin des Großelterndienstes, von alleinerziehenden Müttern am häufigsten zu hören. Sie sind oft überlastet mit der täglichen Aufgabe, Kinderbetreuung und Beruf unter einen Hut zu bringen. Die Folge: Viele müssen jahrelang auf ihre Erwerbstätigkeit verzichten. Gestern nun eröffnete der Großelterndienst seine zweite Vermittlungsstelle, um den alleinerziehenden Müttern – und wenigen Vätern – besonders in Ostberlin unter die Arme zu greifen. Das Motto: „Mieten Sie ihrem Kind eine Wunschoma oder einen Wunschopa.“

Bis zu 20 Stunden im Monat helfen die Wunschgroßeltern Alleinstehenden aus der Klemme. Bei Langzeitbetreuungen, aus denen sich oft familienähnliche Beziehungen entwickeln, kommt es auch schon mal vor, daß die Kinder mit Oma und Opa in den Urlaub fahren. Weihnachten und Geburtstage werden zusammen gefeiert, und die Kinder können sich auch mal richtig verwöhnen lassen. Wie das bei Oma und Opa so ist.

Neben der Unterstützung von Alleinerziehenden will der Verein von seinem neuen Büro an der Warschauer Straße auch der zunehmenden Vereinsamung im Alter entgegenwirken. „Die älteren ehrenamtlichen Helfer haben einfach Spaß mit ihren neuen Enkelkindern und außerdem das Gefühl, gebraucht zu werden“, sagt Roswita Winterstein und verweist darauf, daß mit dem Großelterndienst kein Geld zu verdienen ist. Wunschgroßeltern erhalten von den Alleinerziehenden eine Aufwandsentschädigung, die sich flexibel nach den finanziellen Möglichkeiten der Betroffenen richtet. Oft ist es aber auch so wie bei Wunschoma Ingrid Strangalis. Die 57jährige ist seit 1990 Wunschoma für ihren anvertrauten Enkel Christopher. Für sie ist es selbstverständlich, daß sie Christopher auch sieben Mark Taschengeld in der Woche zusteckt oder ihn mit einer Tafel Schokolade überrascht.

„Dazu sind Omis doch da“, sagt Strangalis und zeigt stolz ein Familienfoto, mit dem der Großelterndienst in einem Prospekt wirbt. Alexander Eschment

Kontakt: Großelterndienst, Warschauer Straße 58, Tel.: 2920322

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen