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Mordbefehl aus Afghanistan

Das Massaker an Touristen in Ägypten soll im Ausland geplant worden sein. Die Islamische Gruppe macht der Regierung ein Waffenstillstandsangebot  ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary

Vier Tage nach dem Massaker von Luxor, bei dem 69 Menschen starben, kommt Bewegung in die Szene der militanten ägyptischen Islamisten. Muntasir Sajad, einer der Anwälte der Gamaa Islamia (Islamische Gruppe), jener Organisation, die sich vor zwei Tagen zu dem Anschlag bekannt hatte, erklärte gestern gegenüber der taz, der Anschlag sei in Afghanistan geplant worden.

Gemäß Sajat stehen hinter dem Attentat zwei der meistgesuchten Männer Ägyptens: Mustafa Hamsa und Ahmad Taha. Beide haben sich nach Afghanistan abgesetzt.

Der Anwalt Sajat bestätigte, daß sich die Islamische Gruppe inzwischen de facto in zwei Teile gespalten hat. Während sieben derzeit in ägyptischen Gefängnissen sitzende Führer der Organisation auf ein Ende des blutigen Konflikts hinarbeiten wollten, setze die Führung im Ausland weiterhin auf blutige Anschläge.

Mustafa Hamsa wird von den ägyptischen Sicherheitskräften als einer der wichtigsten militärischen Köpfe der Islamischen Gruppe angesehen. Vor Jahren soll er in einem Lager im pakistanischen Peschawar für die Ausbildung neuer Rekruten der Gruppe zuständig gewesen sein. In Ägypten wurde er bereits dreimal in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Unter anderem soll er hinter einem versuchten Mordanschlag auf Ägyptens Präsidenten Husni Mubarak im Juni 1995 in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba stehen. Danach hatten die Regierungen in Kairo und Adis Abeba das islamistische Regime im Sudan beschuldigt, Hamsa unter dem Decknamen Abu Hasim zu verstecken. Der Vorwurf führte zu einer Krise zwischen Ägypten und Sudan.

Sudans Regierung hatte damals zwar zugegeben, daß Hamsa sich zuvor in dem Land aufgehalten hatte, jedoch behauptet, er habe das Land wieder verlassen. Hamsa tauchte später in Afghanistan auf, wo er bei einer Pressekonferenz jegliche Verwicklung Sudans in das Attentat auf Mubarak abstritt.

Nach dem Bekennerschreiben vom Dienstag ging gestern bei einer Nachrichtenagentur in Kairo ein zweiter Brief der Islamischen Gruppe ein. Darin bietet die Organisation der ägyptischen Regierung einen zeitlich befristeten Waffenstillstand an. Das Angebot ist jedoch mit für die Regierung unannehmbaren Bedingungen verknüpft: Alle im Gefängnis einsitzenden Mitglieder und Sympathisanten der Islamischen Gruppe sollen freigelassen werden. Das sind zwischen 10.000 und 35.000 Personen.

In dem Brief fordert die Gruppe auch die Freilassung ihres geistigen Oberhauptes. Der blinde Scheich Omar Abderrahman wurde wegen des Anschlags auf das World Trade Center in New York zu lebenslanger Haft verurteilt und sitzt seit zwei Jahren in einem Gefängnis in den USA. Des weiteren fordert die Gruppe, daß Ägypten sämtliche Beziehungen zu Israel abbricht.

Präsident Mubarak berief gestern sein Kabinett zu einer Dringlichkeitssitzung ein. Die Regierung soll nun einen Sicherheitsplan für die archäologischen Stätten des Landes ausarbeiten. Laut Mubarak soll ein Sicherheitsausschuß für die Überwachung von touristischen Sehenswürdigkeiten gebildet werden. Bereits einen Tag nach dem Anschlag hatte Mubarak seinen Innenminister Hassan al-Alfi entlassen. Auch der Polizeichef von Luxor und einige rangniedere Polizei- und Regierungsbeamte verloren ihre Jobs.

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