: Wieder Kritik an Staatsanwalt
■ Die Strafverteidiger-Vereinigung fordert Hansjürgen Karge auf, Anwalt Frings nicht weiter zu verfolgen. "Angriff auf Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant"
Generalstaatsanwalt Hansjürgen Karge, der seit seinem Amtsantritt vor knapp drei Jahren bereits mehrere Male durch seine Forderungen nach einer härteren Gangart der Justiz auf Stammtischniveau für Aufruhr gesorgt hat, macht wieder von sich reden. Sein neuester Angriff richtet sich gegen den Anwalt Kajo Frings, der sich als Spezialist in Wehrrechtsfragen einen Namen gemacht hat.
Frings war im Dezember vergangenen Jahres vom Amtsgericht Tiergarten vom Vorwurf der Beihilfe zur Fahnenflucht freigesprochen worden. Ihm war durch Karges Behörde vorgeworfen worden, einem Mandanten geraten zu haben, der Truppe fernzubleiben. Das Amtsgericht konnte dies jedoch nicht zweifelsfrei feststellen. Die Aussagen des einzigen Belastungszeugen, Frings Mandanten, der 1995 wegen Fahnenflucht zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden war, seien möglicherweise „nur das Ergebnis äußerst subjektiver und selektiver Wahrnehmung“. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Am 1. Dezember findet die Verhandlung statt.
„Wir halten diese Entscheidung für falsch“, schrieb jetzt die Vereinigung Berliner Strafverteidiger e.V. in einem offenen Brief an den Generalstaatsanwalt. Die Vereinigung fordert Karge auf, die Rücknahme der Berufung zu veranlassen. Wenn die Staatanwaltschaft, die keine anderen Beweismittel als die „Empfindungen“ eines ehemaligen Mandanten aufzubieten hat, die Verfolgung des Rechtsanwaltes weiterbetreibe, heißt es in dem Brief, „greift sie das Fundament rechtsstaatlicher Strafverteidigung an: das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant“.
Es ist nicht das erste Mal, daß die Vereinigung Kritik an Karge übt, der bereits bei seiner Amtseinführung angekündigt hatte, „mit allem zu feuern, was das Strafrecht hergibt“. Erst im Sommer dieses Jahres hatten die Strafverteidiger die damalige Justizsenatorin Peschel-Gutzeit aufgefordert, sich von Karge zu trennen. In einem Zeitungsinterview hatte er dafür plädiert, das Schuldprinzip im deutschen Strafrecht und den „ganzen Sachverständigenzirkus“ abzuschaffen. In einem Interview im vergangenen Jahr hatte Karge in einem Rundumschlag gegen junge Staatsanwälte, die zu wenig arbeiten und gegen zu milde Richter gewettert.
Außerdem hatte er den Anwälten des Aktionspolitologen Dieter Kunzelmann unterstellt, ihm bei einem Eiwurf auf den Regierenden Bürgermeister im Gerichtssaal „geistige Unterstützung“ geleistet zu haben. Die Strafanzeige gegen ihn wegen Beleidigung und übler Nachrede wurde eingestellt. Barbara Bollwahn
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