: Klimaschutz künftig per Gesetz
■ Steuern helfen, wenn freiwilliger Klimaschutz erfolglos bleibt. Wuppertal-Institut: Gesetz bringt bis zu 1,5 Millionen neue Jobs
Berlin (taz) – Um 25 Prozent sollen die deutschen Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2005 gesenkt werden, hat Kanzler Helmut Kohl mehrfach beteuert. Damit es dem Kanzler mit dem Klimaschutzziel nicht geht wie mit seinem Versprechen zur Halbierung der Arbeitslosenzahl, hat das Wuppertal-Institut gestern ein Klimaschutzgesetz vorgeschlagen.
Kernpunkt des Gesetzes: Wenn der Ausstoß von Kohlendioxid in Industrie, Verkehr und bei den privaten Haushalten mit der derzeitigen Politik nicht wie geplant zurückgeht, werden neue Steuern auf Kohle, Öl und Gas eingeführt. So eine aggressive Klimaschutzpolitik kann „bis zu 1,5 Millionen neue Arbeitsplätze schaffen“, prognostiziert das Gutachten.
Projektleiterin Edda Müller erklärt, daß mit dem Damoklesschwert eines solchen Gesetzes auch Umweltministerin Angela Merkel endlich Druck machen kann, damit Industrie und Kabinettskollegen im Finanz-, Wirtschafts- und Verkehrsressort den Klimaschutz ernstnehmen. Müller verlangt auch eine Flugbenzinsteuer, eines maximalen Spritverbrauchs für Neuwagen und den Verzicht auf die geplante Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes.
Die Wissenschaftlerin weiß, wovon sie spricht. Sie hat als Unterabteilungsleiterin im Bonner Umweltministerium vor Jahren die Grundlagen der deutschen Klimapolitik mit entworfen. Anschließend war die parteilose Politologin Umweltministerin in Kiel.
Neben einem solchen Klimaschutzgesetz, das es in der Schweiz schon gibt, schlägt das Wuppertal- Institut in seinem 50-Seiten-Gutachten im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung vor, die Solarindustrie in Deutschland zu fördern. „Solaranlagen zur Warmwassererzeugung könnte man heute bei Neubauten schon vorschreiben – das rechnet sich“, so Müller.
Für die Photovoltaik greift Müller auf den alten SPD-Vorschlag eines 100.000-Dächer-Programms zurück. Weil sich die Stromerzeugung mit Photovoltaikzellen aber noch nicht rechnet, soll sie in den kommenden fünf Jahren mit 1,5 Milliarden Mark gefördert werden. Die Stromkonzerne sollten dafür schon im nächsten Jahr 100 Millionen Mark bereitstellen. Im fünften Jahr des vorgeschlagenen Programms müßte die Förderung auf 500 Millionen Mark hochgefahren werden.
In der mittelständischen Bauwirtschaft würde ein solches kombiniertes Solarprogramm viele Arbeitsplätze sichern. „Der Mittelstand muß hier endlich seine eigenen Interessen vertreten, der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vertritt ja nur die Stromkonzerne.“ Auch bei Volksbanken und Sparkassen erkenne man inzwischen, wie wichtig solche Programme für die regionale Bauwirtschaft sein könnten.
Weil Klimaschutz für die Innovation in der deutschen Wirtschaft so wichtig sei, sei es im Grunde sogar egal, was beim Klimagipfel Anfang Dezember im japanische Kioto herauskomme. Klimaschutz sei, so oder so, die beste Wirtschaftsstrukturpolitik. Hermann-Josef Tenhagen
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