: Das Geheimnis des zweiten Antrags
■ Ein Formfehler ist der Grund, warum die FDP 12 Millionen Mark zurückzahlen soll
Bonn (taz) – Noch ist das Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts nicht rechtskräftig, in dem die Auszahlung von rund 12,4 Millionen Mark an die FDP aus Mitteln der Parteienfinanzierung 1996 als unrechtmäßig verworfen worden ist. Am 10. Dezember will das Gericht, das in der vergangenen Woche den entsprechenden Bewilligungsbescheid der Bundestagsverwaltung aufgehoben hat, über die Modalitäten der Rückzahlung entscheiden. Unabhängig davon hat die FDP bereits angekündigt, die nächste Instanz anrufen zu wollen. Die Bundestagsverwaltung, der diese Möglichkeit ebenfalls offensteht, will zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten.
Unstrittig ist die Tatsache, daß die FDP dem Parteiengesetz zufolge Anspruch auf die ihr bewilligten Mittel hatte. In dem Rechtsstreit geht es um einen Formfehler, der FDP-Bundesschatzmeister Hermann Otto Solms unterlaufen war. Er hatte versäumt, zusätzlich zu den beantragten Abschlagszahlungen auch einen gesetzlich vorgeschriebenen zweiten Antrag auf Festsetzung der Auszahlung fristgemäß zu stellen und sich darüber hinaus auch noch auf einen falschen Paragraphen berufen.
Nach Ablauf der Frist kamen leitende Beamte der Bundestagsverwaltung bei Prüfung der Antragslage zu unterschiedlichen Ergebnissen. Ein Referatsleiter begründete in einem Vermerk, daß seiner Ansicht nach die FDP den erforderlichen Antrag nicht gestellt habe und die Frist unwiderruflich abgelaufen sei. Nach Angaben von Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth vertraten demgegenüber drei Leitungsbeamte, darunter der Direktor der Bundestagsverwaltung, den Standpunkt, der gestellte Antrag sei ausreichend.
Ein externer Gutachter, der Staats- und Verwaltungsrechtler Professor Konrad Redeker, kam ebenfalls zu dem Ergebnis, der FDP müßten die Gelder bewilligt werden. Er verwies unter anderem darauf, daß geltender Rechtsprechung zufolge mißverständliche Erklärungen entsprechend der Interessenlage des Antragstellers gewertet werden müßten. Das Kölner Verwaltungsgericht hält diese Auslegung für falsch. Der Vorsitzende Richter Gunther Friedrich betonte, der FDP sei bekannt gewesen, daß ein zweiter Antrag gestellt werden mußte. Auch habe die Partei in den Jahren zuvor die Mittel aus der Parteienfinanzierung korrekt beantragt.
In ähnlich gelagerten Fällen anderer Parteien hatte sich die Bundestagsverwaltung in der Vergangenheit unnachgiebig gezeigt. So waren 1994 den rechtsextremen „Republikanern“ 2,8 Millionen Mark vorenthalten worden, weil sie eine Frist versäumt hatten. Auch die Seniorenpartei Graue Panther und der Südschleswigsche Wählerverband hatten wegen Formfehlern bereits Zuschüsse verloren. Diese drei Parteien hatten nun gegen den Bewilligungsbescheid für die FDP geklagt. Am Donnerstag wird sich der Ältestenrat des Bundestages mit dem Thema befassen. Bettina Gaus
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