: Schlank durch Fettkiller
■ Hamburgs Verbraucherschützer gehen gerichtlich gegen skrupellose Werbelügen eines Wunderpillen-Herstellers vor
Bisher war es kein Problem, das tägliche Quentchen Gesundheit aus dem Tablettenröhrchen zu beziehen: Nach dem Rauchen empfahl sich die Einnahme von zwei Vitamin E-Dragees gegen Lungenkrebs, das opulente Menü wurde mit der Einnahme von „Fettkillern“beendet. Der Handel hält für jede lästige Zivilisationserscheinung die passende Pille bereit. „Die Werbelügen werden immer dreister“, schüttelt Edda Castelló von der Hamburger Verbraucherzentrale den Kopf, „das Maß ist voll“. Jetzt soll's den Herstellern dubioser Schlankmacher und Jungbrunnen an den Kragen gehen.
Die Hamburger Verbraucherschützer sind gegen die Firma Herbalife vor Gericht gezogen. Herbalife setzt überwiegend Laien ein, die in der Nachbarschaft und im eigenen Wohnzimmer einen schwunghaften Handel mit Produkten zur Nahrungsmittelergänzung betreiben. Bei diesem Direktvertrieb kann der Konsument ungeschützt über den (eigenen) Tisch gezogen werden. Außerdem erhielt Herbalife eine Abmahnung, weil ihre Werbestrategen behauptet hatten, „man könne täglich gern eine oder zwei der üblichen Mahlzeiten zu sich nehmen und würde dennoch abnehmen, solange man ein bestimmtes Produkt einnimmt“, so die Juristin Castelló.
In einer bundesweiten Untersuchung stellten die Verbraucherschützer fest: Hinter den skrupellosen Werbelügen steckt System. Mit manipulierten Erfahrungsberichten oder Zitaten aus pseudowissenschaftlichen Texten wird nicht nur Leichtgläubigen das Geld aus der Tasche gezogen. Unseriöse Anbieter malen Horrorbilder von Fehlernährung und Mangelsydromen, die angeblich nur mit der Substanz Q 10 behoben werden können. Andernfalls drohe Herzschwäche. Ärzte und wissenschaftliche Studien, die als Zugpferde fungieren, sind meistens gekauft.
Der geschätzte Jahresumsatz an Diätpulvern und Vitaminpillen liegt bundesweit bei etwa 1,4 Milliarden Mark. Der Verbraucherschutzverein mit Sitz in Berlin hat Abmahnungen für rund 60 Hersteller veranlaßt. In den meisten Fällen unterschreiben die Wunderpillenverteiler dann eine Unterlassungserklärung. Fünf Firmen muß dabei gerichtlich auf die Sprünge geholfen werden. Die Rechtsgrundlage dafür liefern das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und verschiedene Bestimmungen des Lebensmittelrechts.
Lisa Schönemann
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