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Berliner La-Belle-Verfahren tritt auf der Stelle

■ Im Prozeß um den Anschlag auf die Berliner Diskothek wird ein Befangenheitsantrag verworfen

Berlin (taz) –Auch am zweiten Verhandlungstag im Prozeß um den Sprengstoffanschlag auf die Diskothek „La Belle“ kam das Berliner Landgericht nicht so recht von der Stelle. Ein Befangenheitsantrag der Verteidigung wurde zu Beginn der gestrigen Sitzung verworfen, dann die Personalien der fünf Angeklagten festgestellt. Nach der Besetzungsrüge einer Verteidigerin unterbrach schließlich die 39. Große Strafkammer die Hauptverhandlung für eine Woche.

Vor einer Woche hatte Rechtsanwalt Christian Ströbele für seinen Mandanten Yasser Chraidi (38) einen Befangenheitsantrag gestellt. Die Besorgnis der Befangenheit stützte der Anwalt auf die Tatsache, daß der vierzigjährige Mitbeschuldigte Musbah Eter, der ebenso wie Chraidi an dem Anschlag in den frühen Morgenstunden des 5. April 1986 beteiligt gewesen sein soll, nur wegen Beihilfe und nicht wegen Mord angeklagt ist.

Verteidiger Ströbele sah darin eine einseitige Festlegung des Gerichts zugunsten Eters, auf dessen Geständnis sich weite Teile der Anklageschrift stützen. Der Antrag wurde gestern verworfen. Das Gericht verkündete einen Beschluß des Berliner Landgerichtes, wonach es für eine mögliche Befangenheit keine „Anhaltspunkte“ gebe. Die Vorgehensweise der 39. Strafkammer sei weder „abwegig“ noch „willkürlich“.

Nur wenig später rügte die Anwältin von Gaalen im Namen ihrer Mandantin Verena Chanaa (38) die Besetzung des Gerichtes. Verena Chanaa wird beschuldigt, zusammen mit ihrer Schwester Andrea Häußler (32) den Sprengsatz in der Diskothek deponiert zu haben. Drei Menschen starben bei dem Attentat auf die inbesondere von US-Soldaten besuchte Diskothek im West-Berliner Stadtteil Schöneberg, über 200 wurden zum Teil schwer verletzt. Die Anwältin beanstandete zum einen die fehlerhafte Auswahl der Schöffen. Zum anderen monierte sie, die Schöffen seien nicht auf eine mögliche Stasimitarbeit hin überprüft worden. Dieser Rüge schlossen sich weitere Anwälte an, denn im weiteren Verlauf des Prozesses dürften Stasiakten noch eine erhebliche Rolle spielen. Wolfgang Gast

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