: Justizressort wußte von Ermittlungen
■ Aussagen vor Untersuchungsausschuß widersprüchlich
Das Justizressort war offenbar von Anfang an darüber informiert, daß eine Sondergruppe der Kripo 1995 im Knast ermittelt hat. Das ergibt sich aus den Aussagen des Kripochefs Eckart Mordhorst und des ehemaligen stellvertretenden Polizeichefs Albert Lohse, die gestern vom Untersuchungsausschuß vernommen wurden. Der ehemalige Justizstaatsrat Michael Göbel behauptet dagegen, das Justizressort habe von der Ermittlungsgruppe und ihren brisanten Erkenntnissen erst aus der Presse erfahren.
Wie berichtet (taz 27./28.9) hatte die Kripo schon Ende 1994 Hinweise auf Drogengeschäfte, Diebstähle und Mißhandlungen im Knast. Im Februar 1995 wurde deshalb eine Ermittlungsgruppe eingerichtet, die die Straftaten im Knast aufklären sollte. Warum die Gruppe im Juli 1995 eingestellt wurde, ist bis heute unklar.
Es sei von Anfang ein Ermittlungszeitraum von drei Monaten geplant gewesen, sagte Kripochef Eckart Mordhorst gestern. An der Entscheidung, eine Ermittlungsgruppe im Knast einzurichten, sei auch der Senatsrat Hans Wrobel vom Senator für Justiz beteiligt gewesen. Nach einer Verlängerung von zweieinhalb Monaten seien die Ermittlungen eingestellt worden, weil die Beamten wenig Konkretes herausgefunden hätten, was sich auch in dem Abschlußbericht widergespiegelt habe.
Diese Aussage widerspricht der Darstellung des Kripobeamten Claus Warnke, der die vierköpfige Ermittlungsgruppe geleitet hat. Er habe überraschenderweise von der Putzfrau erfahren, daß die Arbeit der Gruppe ihre Ermittlungen einstellen sollte, hatte Warnke ausgesagt (taz 15.11). Einen Abschlußbericht habe er nie geschrieben. Mordhorst ihn nur aufgefordert, „binnen weniger Stunden“eine „Arbeitsunterlage“über die Schwierigkeiten bei der Zusammenarbeit der Kripo mit der Justizvollzugsanstalt zu formulieren.
Die Beamten seien bei ihren Ermittlungen im Knast „in einer Weise behindert worden“, die „nicht hinnehmbar“gewesen sei, bestätigte auch Lohse. Bei einer Besprechung mit dem Justizressort im Juli 1995 habe er anhand des Kripo-Berichtes über diese Schwierigkeiten berichtet. „Selbstverständlich“, so Lohse, sei allen Beteiligten, das heißt auch dem damaligen Staatsrat Michael Göbel, bewußt gewesen, daß er aus dem Bericht der Sonderermittlungsgruppe zitiert habe. Auch die „beachtliche Brisanz“des Berichtes, indem u.a. Pannen bei Todesermittlungen und die laxe Handhabe von Drogenfunden kritisiert wurden, sei von allen Beteiligten erkannt worden. Anfang September spielte das Justizressort die Ermittlungsergebnisse der Kripo in einer Vorlage für die Justizdeputation allerdings herunter. Der Bericht sei dünn, die Vorwürfe haltlos. Was er davon halte, wollte Karoline Linnert (Grüne) von Lohse wissen. Lohse: „Das erträgt man“. kes
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