: Jürgen Schneider schmierte in Berlin
■ Ex-Immobilienunternehmer gesteht unseriöse Geschäftspraktiken. Alle rechnen mit einem Urteil vor Jahresende
Frankfurt/Main (dpa/rtr) – Der pleite gegangene Bauinvestor Jürgen Schneider hat nach eigener Aussage kräftige Schmiergelder beim Erwerb von Immobilien in Berlin gezahlt. Schneider erklärte gestern vor dem Frankfurter Landgericht, er habe im Juni 1993 einen Betrag von 14,5 Millionen Mark in bar an den damaligen Geschäftsführer der Grundstücksgesellschaft der Brau und Brunnen AG (Dortmund/Berlin), Rolf Meyer, zahlen müssen. Sonst hätte dieser sein Kaufangebot von 121 Millionen Mark für das Objekt „Kurfürsteneck“ abgelehnt. Meyer habe die Forderung nach der persönlichen Millionen-Zuwendung als „Ultimatum“ gestellt.
Schneider bestätigte ferner eine Zahlung von 2,6 Millionen Mark zuzüglich Mehrwertsteuer an seinen damaligen Bevollmächtigten Mehmet Djavadi im März 1994, unmittelbar vor dem Konkurs und der Flucht ins Ausland. Diese Zahlung sei fälschlich als Provision im Zusammenhang mit dem Objekt Kurfürsteneck deklariert worden. Tatsächlich sei die Zahlung erfolgt, um Djavadi im Hinblick auf die Fluchtvorbereitungen „gegenüber den Banken schuldenfrei zu stellen“. Der Betrag sollte laut Aussage Schneiders „irgendwann verrechnet werden“. Dies sei jedoch nicht erfolgt.
Auch die Gründe für seine Flucht ins Ausland erläuterte Schneider gestern. Als seine Immobiliengruppe Anfang 1994 zusammenzubrechen drohte, habe er sich mit einem letzten Hilferuf an die Banken gewandt, sagte der Angeklagte. Zu diesem Zeitpunkt habe er gewußt: Wenn die Institute darauf nicht eingehen, „dann gibt es den größten Crash, der nur so durch die Bundesrepublik rauscht, weil ich so groß bin“. Die Banken hätten jedoch nicht wie erhofft reagiert. „Dann mußte ich auf Tauchstation gehen“, sagte Schneider.
Derweil gehen dem Frankfurter Landgericht langsam die Zeugen aus. Nach der geplanten Vernehmung der beiden Dresdner-Bank- Manager Hans Günther Adenauer und Horst Müller am kommenden Dienstag hat der Terminkalender des Vorsitzenden Richters Heinrich Gehrke noch viel Platz: „Wir schauen dann, wer noch was will.“ Zeugen seien zunächst keine mehr geladen, sagt Gehrke, das Ende der Beweisaufnahme steht folglich unmittelbar bevor. Auch Verteidiger und Staatsanwaltschaft geben deutlich zu verstehen, daß sie „keine großen Sachen“ mehr beantragen werden. Alle setzen auf ein Urteil zum Fest.
Zur Verlängerung des Verfahrens haben beide Seiten wenig Grund. Die Anklage nicht, weil letztlich alle fünf von ihr exemplarisch ausgewählten Betrugsfälle bestätigt wurden. Und die Verteidigung nicht, weil sie von Beginn an das Strafmaß im Visier hatte und gar nicht den Versuch unternahm, einzelne Vorwürfe gegen ihren Mandanten zu entkräften.
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