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Denkmal- oder Investorenschutz

■ In Mitte sollen wieder denkmalgeschützte Gebäude abgerissen werden. Investoren berufen sich auf Verfahren beim Zollernhof

Auch anderthalb Jahre nach der Verabschiedung des neuen Denkmalschutzgesetzes droht historischen Bauten in Mitte noch immer der Abriß. Jüngstes Beispiel ist das Ensemble Mittelstraße 40–44 und Neustädtische Kirchstraße 3. Dort plant der Hypo-Bankenverband von CDU-Fraktionschef Klaus Landowsky den Bau von modernen Büros samt einer Tiefgarage. Um dies zu realisieren, soll das 1860 errichtete Gebäude Mittelstraße 44 abgerissen werden.

Als Begründung für den Abrißantrag, so Mittes Baustadträtin Karin Baumert (PDS-Mandat), habe der Investor die Entscheidung gegen den Denkmalschutz am Zollernhof geltend gemacht. Obwohl es aus dem Hause der für Denkmalschutz zuständigen Senatsverwaltung für Stadtentwicklung noch immer offiziell heißt, daß man das Ensemble erhalten möchte, fürchtet Baumert einen ähnlichen Kniefall des Denkmalschutzes wie beim Zollernhof.

Zur Erinnerung: Um den Bau des ZDF-Hauptstadtstudios im Zollernhof Unter den Linden 38–40 nicht zu gefährden, hatte der Senat 1994 den Abriß des rückwärtigen Gebäudeteils an der Mittelstraße gestattet. Das ZDF hatte diesen Abriß beantragt, um eine Tiefgarage zu bauen. Entgegen den Beteuerungen des ehemaligen Stadtentwicklungssenators Volker Hassemer (CDU), wenigstens das Vorderhaus Unter den Linden zu erhalten, wurde nach Beginn der Bauarbeiten im März 1996 auch hier mit der Entkernung begonnen. Begründung von Hassemers Nachfolger Peter Strieder (SPD): „Die Genehmigung mußte aufgrund des Bauzustandes der Geschoßdecken erteilt werden.“

Die bündnisgrüne Abgeordnete Rita Keil befürchtet nun, daß es auch Strieder mit dem Denkmalschutz ähnlich locker hält wie Hassemer. Zur Begründung verweist sie auf die Antwort auf eine parlamentarische Anfrage, in der Strieder sämtliche Konflikte zwischen Denkmalschutz und Investoren seit 1992 auflistet. Vom Zollernhof ist dabei keine Rede. Keil glaubt nun, daß das Beispiel Zollernhof auch über den Abrißantrag des Hypo-Bankenverbandes hinaus Schule machen könnte.

Daß sie dabei nicht unrecht haben könnte, zeigt das Beispiel Mohrenstraße 64–68. Diesen ebenfalls denkmalgeschützen Bau aus den fünfziger Jahren will die Zürcher Versicherung abreißen, um anschließend einen zwei Stockwerke höheren Neubau zu errichten. Begründung des Abrißantrags ist auch hier das Zurückstellen denkmalschützerischer Belange im Genehmigungsverfahren für den Zollernhofs. Noch ist über den Antrag nicht entschieden.

Einzig im Fall des geplanten Abrißantrags des Deutschen Beamtenbundes für das Gebäude Friedrichstraße 169/170 Ecke Französische Straße konnte sich Strieder bisher eindeutig für den Denkmalschutz entscheiden. Der Beamtenbund wollte an der Stelle des 1937 gebauten und in den 50er Jahren umgebauten Hauses ein modernes Bürohaus errichten.

Ob der Stadtentwicklungssenator gegen Landowskys Bankenverband ähnlich standhaft bleiben wird, zeigt sich in der nächsten Woche. Dann soll eine Vorentscheidung über den Abrißantrag in der Mittelstraße fallen. Uwe Rada

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