: Der Selbstverteidigungsminister
■ Die Bundeswehrskandale holen Volker Rühe ein
„Anonyme Trittbrettfahrer“, die mit „lancierten Falschmeldungen“ den Ruf der Bundeswehr ruinierten, die sah Verteidigungsminister Volker Rühe am Werk. Eine „gezielte Kampagne gegen die Bundeswehr aus dem linken Spektrum“ entdeckte der CDU-Staatssekretär Klaus- Jürgen Hedrich. Das war letzte Woche. Morgen werden die Herren mit dieser Ausrede nicht mehr weiterkommen: Es war kein Unbekannter, der von Nazifeiern bei der Bundeswehr berichtete, sondern der Sohn von Exverkehrsminister Krause. Er wurde nicht mit einigen aus dem Zusammenhang gerissenen Aussagen zitiert, sondern per eidesstattlicher Erklärung. Es war keine „linke Kampfpresse“, die die detaillierten Vorwürfe veröffentlichte, sondern das Springer-Blatt Bild am Sonntag. Zwei Wochen nach Bekanntwerden des Besuchs des Neonazis Manfred Roeder bei der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg ist Volker Rühe schon wieder in Erklärungsnotstand. Morgen erwartet er einen Bericht der Hardthöhe. Harte disziplinarrechtliche Konsequenzen werden angedroht. Wieder einmal.
Bisher fiel dem Verteidigungsministerium nichts besseres ein, als den Gefreiten Krause dafür zu rügen, daß dieser seine Informationen so lange zurückgehalten hat, bis seine Dienstzeit beendet war. Dabei hat der 21jährige gut begründet, warum er gewartet hat: „Weil die Aussage eines Gefreiten gegenüber der Aussage eines Vorgesetzten nicht akzeptiert wird.“ Dieselben Vorgesetzten waren es offenbar auch, die die Neonazis in Uniform über eine bevorstehende Untersuchung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) informierten, woraufhin das rechtsradikale Material selbstverständlich rechtzeitig entsorgt wurde. Damit zieht die beliebte Entschuldigung von Selbstverteidigungsminister Rühe nicht mehr, nach der die einfachen Soldaten auch nicht besser seien als die Jugend von heute insgesamt. Der Fisch stinkt vom Kopf her.
Aber den mag Volker Rühe ja nicht anfassen. Einer sozialwissenschaftlichen Untersuchung der Bundeswehrrekruten stellt sich der Verteidigungsminister nicht in den Weg. Eine unabhängige Studie über seine Führungskader aber lehnt der Christdemokrat dagegen strikt ab. Er wird wissen, warum. Die schlimmsten Befürchtungen über mögliche Ergebnisse scheinen inzwischen nicht mehr unbegründet.
Klaus Hillenbrand Bericht Seite 5
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