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Selbstmordabsichten auf Video

■ Der Deutsche Stefan Smirk sitzt in Israel im Gefängnis, weil er einen Selbstmordanschlag geplant haben soll. Auf der Fahndungsliste von Interpol steht er als möglicher Sprengstoffbesitzer

Tel Aviv (AFP/rtr/taz) – Sprengstoff hatte Stefan Josef Smirk nicht dabei, als er am 28. November zum Flughafen kam, um nach Israel zu fliegen – dafür aber ein Video, auf dem er erklärt, warum er vorhat, sich „an einem belebten Ort“ in die Luft zu sprengen. Nun droht dem 26jährigen lebenslange Haft. Am Donnerstag begann in Tel Aviv der Prozeß gegen den Mann, der im Auftrag der libanesischen Hisbollah einen Selbstmordanschlag geplant haben soll. Außerdem ist Smirk wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt und wegen „aktiver Planung staatsgefährdender Straftaten in Israel“. In zweieinhalb nicht-öffentlichen Verhandlungsstunden legte die Staatsanwaltschaft ihrer Meinung nach stichhaltige Beweise für die Schuld des Deutschen vor: In einem Verhör soll Smirk erklärt haben, er werde auch nach seiner Freilassung an seinem Vorhaben festhalten. Er habe zunächst in die Türkei reisen wollen, wo ihm ein Befehlshaber den Sprengstoff geben sollte. Smirks Anwalt sagte jedoch, er habe das schriftliche Geständnis nie gesehen.

Sein Mandant ist seit rund vier Jahren Moslem. Zwischen August und November wurde er angeblich in einem Hisbollah-Stützpunkt in Südlibanon im Umgang mit Waffen und Sprengstoffen ausgebildet. In Israel, sagt die israelische Polizei, habe Smirk belebte Plätze filmen wollen, um einen geeigneten Ort für seinen Anschlag zu finden. Auf der Fahndungsliste von Interpol steht er als „Person, die möglicherweise Sprengstoff bei sich führt“, in Deutschland ist er wegen Drogenhandels und Raubes vorbestraft. Mit dem geplanten Selbstmordattentat, fürchtet Israels Regierung, wollte die Hisbollah eine neue Front im Kampf gegen den jüdischen Staat eröffnen. Schon im April 1996 habe sie versucht, einen Agenten mit einem ausländischen Paß für einen Selbstmordanschlag in Israel zu nutzen.

Die Organisation, die für den Abzug Israels aus Südlibanon kämpft, bestreitet jedoch alle Kontakte zu Smirk. Die ganze Geschichte sei eine Erfindung des Geheimdienstes, sagte ein Hisbollah- Vertreter am Donnerstag. Mit der Festnahme und dem Prozeß wollten die Beamten ihre Effizienz beweisen. Wenn seine Organisation der israelischen Armee in der besetzten Zone Südlibanons schaden wolle, sei sie dazu jederzeit in der Lage, auch ohne die Hilfe ausländischer Selbstmordattentäter.

Bis der Prozeß am 4. Januar weitergeht, bleibt Smirk in Haft. Seit 21 Tagen schon befindet er sich in „totaler Isolation“, bemängelte sein Anwalt am Donnerstad. Das Auswärtige Amt in Bonn gab über die Weihnachtsfeiertage keine Stellungnahme zu dem Fall ab.

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