: Der homosexuelle Mann... Von Elmar Kraushaar
...wird gesellschaftsfähig. So richtig. Mit Smoking, Bankett und Hofknicks. Daß es soweit gekommen ist, dafür hat eine Frau gesorgt: Königin Beatrix der Niederlande. Bei ihren Empfängen dürfen fortan Minister und Diplomaten mit homosexuellem Lebenspartner erscheinen: „Es wird kein Unterschied mehr gemacht nach bürgerlichem Stand oder Geschlecht“, läßt die Monarchin verkünden. Einzige Bedingung: Die beiden Partner müssen eine „feste Beziehung“ haben.
Ganz auf der Höhe dieser Zeit ist der Benimmführer „LebensArt“, erstellt von der einst beim Protokollamt des Berliner Senats beschäftigten Gisela Tautz-Wießner. Die Trainerin für Repräsentation und sonstigen Nichtsnutz beantwortet hier u.a. diese Frage: „Wie verhält man sich korrekt beim Plazieren gleichgeschlechtlicher Paare?“ Für Gisela Tautz- Wießner gibt es keine Unterschiede zwischen Heteros und Homos: „Leben die beiden Damen oder Herren in einer festen Verbindung, werden die Partner in der Regel getrennt, ist die Beziehung neu oder locker, setzt man sie nebeneinander an den Tisch.“ So viel Regelwerk setzt ein genaues Studium der Beziehungsgeschichte der Gäste voraus. Und noch bleiben viele Fragen ungeklärt: Wie lange bleibt eine Beziehung „locker“? Ab wann wird sie „fest“?
Nicht ganz so einfach wie am niederländischen Hof oder auf deutschem Papier gestaltet sich das gesellschaftliche Leben auf internationalem Parkett. Zwar nahm Bill Clinton kürzlich als erster US- Präsident die Einladung zu einer Gala-Veranstaltung der Lesben- und Schwulengruppe „Human Rights Campaign“ an und hielt auch eine wunderhübsche Rede im Geiste von Präsident Harry S. Truman, der sich 1947 für die Bürgerrechte von Schwarzen eingesetzt hatte: „Die Homosexuellen müssen Teil des Aufbruchs zu einem einigen Amerika werden.“
Zur selben Zeit aber weigerte sich das US-Repräsentantenhaus, die Berufung des neuen Botschafters für das Großherzogtum Luxemburg zu bestätigen. Grund: Der 64jährige James Hormel ist schwul und spricht auch darüber. Schon im Vorfeld der Nominierung hatte der bekanntermaßen homophobe Senator Jesse Helms der US-Außenministerin Madeleine Albright strikte Bedingungen für eine Anstellung Hormels abgerungen: Weder dürfe dieser mit seinem Lebensgefährten öffentlich in Erscheinung treten, noch sei es ihm erlaubt, im Amt Reklame für die Belange der Schwulenbewegung zu machen. Und obwohl die New York Times dem verdächtigen Aktivisten beiseite sprang und schnell recherchierte, daß es in Luxemburg keine nennenswerte Bewegung gebe, an deren Spitze sich Hormel profilieren könne, blieb das Repräsentantenhaus bislang bei seiner ablehnenden Haltung.
Wenn es um die Repräsentanz nach innen geht, haben die US-Senatoren weniger Schwierigkeiten: Während Hormels vorläufige Ablehnung publik wurde, beriefen die Senatoren den als schwul bekannten John Berry in ein wichtiges Amt im Innenministerium. Für Hormel aber gibt es nur einen Ausweg, sollte er dereinst doch noch in offizieller Mission nach Luxemburg kommen: Zum Essen mit Freund muß er immer ein paar Kilometer weiter fahren, um seinen Platz am Tisch von Königin Beatrix einzunehmen.
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