: „In der jetzigen Lage ist eine Debatte unmöglich“
■ Leonard Nyangoma, Hutu-Führer der gegen Burundis Militärregime kämpfenden CNDD-Guerilla, über seinen Streit mit anderen Hutu-Politikern und seine Suche nach neuen regionalen Verbündeten
taz: In den westlichen Medien wird Burundis Krise oft mit dem Stichwort „Hutu-Rebellion“ vereinfacht. Wie finden Sie das, als Rebellenführer?
Leonard Nyangoma: Den Begriff Rebellion lehne ich für uns ab. Die Rebellen sind die Militärjunta. Sie haben gegen die legalen Institutionen zu den Waffen gegriffen – wir, das Volk, sind dagegen in den Widerstand getreten. Der CNDD ist eine nationale demokratische Bewegung, die für die Wiederherstellung der Demokratie kämpft. Sie umfaßt alle Ethnien und linke wie rechte politische Gruppen. Es gibt auch Tutsi darin – sehen Sie mal, mein Kabinettsdirektor hier ist Tutsi, er weiß praktisch alle unsere Geheimnisse, und das stört uns überhaupt nicht.
Aber Sie haben den bewaffneten Kampf gewählt, während die Partei Frodebu – Gewinnerin der Wahlen von 1993, für deren Wiederherstellung Sie kämpfen – in Bujumbura geblieben ist und den Dialog vorzieht.
Niemand ist mehr Frodebu als ich! Ich gehöre zu den fünf Frodebu-Gründern, die Demokraten im CNDD sind vor allem die Frodebu und ihre Verbündeten. Es ist also keine Frodebu als solche in Bujumbura zum Dialog geblieben. Sicher, es gibt einige Dissidenten, die sich geweigert haben, dem Widerstand beizutreten, aber über 90 Prozent der Frodebu-Aktivisten sind im CNDD.
Wie ist Ihr Verhältnis zum Frodebu-Vorsitzenden Jean Minani? Angeblich versucht Juntachef Buyoya, Sie und Minani auseinanderzudividieren.
Ich kenne Minani gut. Er hat sich entschieden, nicht an die Front zu gehen. Vielleicht wird er es einmal tun. Ich sehe ihn ab und zu, und er hat mir nie gesagt, daß es Buyoya wäre, der ihn davon abhalten würde.
Buyoya lehnt den tansanischen Vermittler Julius Nyerere als parteiisch ab und kam nicht zur letzten Verhandlungsrunde im August. Wie finden Sie das?
Wir haben Buyoyas Weigerung zu Verhandlungen verurteilt. Wir wünschen uns mehr internationalen Druck auf Buyoya, um ihn an den Verhandlungstisch zu zwingen.
Buyoya will statt dessen in Burundi eine „nationale Debatte“ als Weg zum Frieden starten. Hat er mit Ihnen darüber geredet?
Selbst wenn er mit uns darüber reden würde, wären wir dagegen. Eine solche Debatte ist nur möglich, wenn es ein Minimum an Sicherheit gibt. In der jetzigen Lage ist eine Debatte unmöglich, und Buyoya hätte sowieso kein Recht, sie zu organisieren, weil er illegal ist.
Ihre Beziehungen zu Tansania sind gut. Wie steht es mit dem Rest der Region?
Wir versuchen, gute Beziehungen zu allen Ländern der Region zu unterhalten. Beim letzten OAU-Gipfel konnte unsere Delegation ugandische Minister treffen; vor kurzem schickten wir sogar eine Delegation nach Ruanda, die Vizepräsident Kagame und Außenminister Gasana traf. Ich selbst habe Ruandas Präsident Bizimungu treffen können.
Ihre Beziehungen zu Paul Kagame, dem Tutsi-Militärchef von Ruanda, sind also exzellent?
Die Beziehungen könnten allmählich exzellent werden. Kagame war zum Beispiel unter den ersten, die anerkannten, daß wir nicht mit den ruandischen Hutu- Milizen zusammenarbeiten. Interview: Oliver Meisenberg
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen