piwik no script img

"SPD kündigt die Koalition"

■ Wolfgang Clement hat Rot-Grün sabotiert, meint Daniel Kreutz, Abgeordneter in NRW. Jetzt müßten die Bündnisgrünen die Koalition verlassen

Daniel Kreutz sitzt für die Bündnisgrünen im Landtag in Düsseldorf und gehört dem rot-grünen Koalitionsausschuß an.

taz: Herr Kreutz, warum wollen Sie die Koalition mit der SPD jetzt beenden?

Daniel Kreutz: SPD-Wirtschaftsminister Clement hat vor Weihnachten klargemacht, daß er die Bedienung der Interessen von Rheinbraun und RWE über Recht und Gesetz und über die Koalition stellt. Und Johannes Rau hat ihn gewähren lassen.

Es wäre wirklichkeitsfremd zu ignorieren, daß uns damit die Koalition gekündigt wurde. Diese SPD nimmt eine ernste Gefährdung des Tagebauvorhabens Garzweiler II durch mitregierende Grüne keinesfalls hin.

Frau Höhn glaubt, daß die erfolgte Genehmigung sie nicht an einer ergebnisoffenen Überprüfung aller mit dem Tagebau zusammenhängenden Probleme hindert. Sind das Illusionen?

Rein rechtlich mag Bärbel Höhns Einschätzung zutreffen. Doch sie kann ihre Möglichkeiten gegen Garzweiler II nur nutzen, solange der sozialdemokratische Koalitionspartner sie läßt. Der aber zieht die Trennung von Bärbel Höhn allemal einer Trennung von diesem Wahnsinnsprojekt vor.

Das kann doch erst der Praxistest zeigen.

Den hatten wir ja gerade: Wir sind bis zum Äußersten gegangen im Bemühen um eine rechtskonforme und einvernehmliche Lösung, aber „Kronprinz“ Clement hat dann einseitig rechtswidrige Fakten geschaffen. Welchen Beweis braucht es denn noch, daß die NRW-SPD ihre politische Zukunft von Garzweiler II abhängig macht?

Selbst aus den Reihen der Bürgerinitiativen gegen Garzweiler werden die Grünen aufgefordert, in der Koalition zu bleiben und sich der Regierungshebel zu bedienen.

Niemand sollte noch die Illusion haben, wir hätten in dieser Koalition eine reale Chance für ein Nein zu Garzweiler II. Allenfalls neue, für die Grünen bessere Kräfteverhältnisse nach Neuwahlen könnten eine solche Option eröffnen.

Sie könnten sich durch Neuwahlen auch in die Opposition katapultieren.

Erst wenn wir die Koalition trotz rechtswidrigem Rahmenbetriebsplan fortsetzen, komplettieren wir Clements „Erfolg“ und machen ihn damit in seiner Partei als Rau-Nachfolger unangreifbar. Wenn aber klar wird, daß er die Koalition ruiniert hat, hat die NRW-SPD die Chance, sich klar zwischen Clements großkoalitionärem Politikmodell und einer rot- grünen Perspektive zu entscheiden. Das wäre von großem Wert – auch über NRW hinaus.

Wäre Rot-Grün in Bonn nach einem Scheitern in NRW nicht endgültig abzuschreiben?

Im Gegenteil! Wir können Kohl nur ablösen, wenn wir unsere WählerInnen bei der Bundestagswahl voll mobilisieren. Und das geht nur, wenn wir glaubwürdig bleiben und nicht als „Umfallerpartei“ dastehen. Interview: Walter Jakobs

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen