: Trotz Bonner Stimmungsmache: Die in Italien gelandeten und angeblich ins Sozialparadies Deutschland drängenden kurdischen Flüchtlinge hätten hier ohnehin nichts zu erwarten: Politisches Asyl kann es nach geltendem EU-Recht für sie nur im La
Trotz Bonner Stimmungsmache: Die in Italien gelandeten und angeblich ins Sozialparadies Deutschland drängenden kurdischen Flüchtlinge hätten hier ohnehin nichts zu erwarten: Politisches Asyl kann es nach geltendem EU-Recht für sie nur im Land der ersten Ankunft geben.
Fürsorge gibt es anderswo in der EU
Den Bayern liege Bologna näher als Hamburg, tönte Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) noch vor einigen Wochen. Da ging es gerade um den Länderfinanzausgleich, der den Bayern lästig geworden war. Inzwischen ist die Münchner Liebe zu Italien deutlich abgekühlt, Stoiber sucht wieder Hilfe im ungeliebten Norden. Bonn müsse die italienische Regierung zur Räson bringen, um den möglichen Zustrom kurdischer Flüchtlinge aus Italien zu verhindern.
Helmut Kohl parierte. Am Mittwoch telefonierte der Kanzler mit seinem italienischen Kollegen Romano Prodi. Ob er dabei nur ein herzloseres Vorgehen gegen die kurdischen Flüchtlinge forderte, ist nicht bekannt. Vermutlich hat Kohl seinen Freund Prodi aber auch um Verständnis gebeten, daß in Deutschland Wahlkampf ist und die Angst vor Flüchtlingen dabei eine wesentliche Rolle spielt. Die nächsten Wahlen, hat Kohl in Hintergrundgesprächen mit Journalisten stets wiederholt, würden beim Thema Innere Sicherheit entschieden, bei dem sich die CDU bessere Chancen ausrechnen kann als etwa bei der Beschäftigungspolitik.
Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) beschwört deshalb vor allem die Gefahren, die aus Italien auf uns zurollen. Schon in den letzten beiden Jahren sei die Zahl der kurdischen Asylbewerber in Deutschland von knapp 7.000 auf über 12.000 angestiegen. CSU- Fraktionschef Michael Glos macht dafür vor allem die hohen Sozialleistungen verantwortlich, die Flüchtlinge besonders nach Deutschland lockten.
Mit der Realität hat das nicht viel zu tun. In Ländern wie Holland, Belgien oder Schweden werden Asylbewerber nicht schlechter behandelt als in Deutschland. Die allerwenigsten wissen zudem, was sie wo bekommen würden. Nach den Zahlen des Europäischen Flüchtlingsrates, einer Nichtregierungsorganisation in Brüssel, versuchen die meisten Flüchtlinge ganz einfach dorthin zu kommen, wo bereits viele aus ihrem Heimatland sind: Algerier nach Frankreich, Nigerianer nach Großbritannien, Albaner nach Italien und Kurden eben nach Deutschland.
Die in Italien angekommenen Kurden haben in der Bundesrepublik ohnehin nichts zu erwarten, denn sie können nur in Italien Asyl beantragen; nach dem Dublin-Abkommen, das alle EU-Staaten unterschrieben haben und das seit Oktober 1997 in Kraft ist, ist für jeden Flüchtling das Land seiner ersten Ankunft in der EU verantwortlich, sowohl rechtlich als auch finanziell. Zwar sperrt Italien Asylbewerber nicht ein, wie das auf deutschen Flughäfen üblich ist. Aber wer einmal in Italien registriert ist, kann allenfalls illegal nach Deutschland weiterreisen und bei Verwandten untertauchen. Wenn er sich meldet oder um Sozialhilfe ansteht, ist ihm die Abschiebung so gut wie sicher. Dafür sorgt das Schengen-Informationssystem, das Daten über Asylbewerber an alle Schengen-Mitgliedsstaaten weitergibt.
Bis auf Großbritannien, Irland und die skandinavischen Länder, die die Öffnung ihrer innereuropäischen Grenzen ablehnen, sind alle EU-Staaten am Schengen-System beteiligt. Selbst wenn Italien die Flüchtlinge anerkennt, können sie nur als Touristen nach Deutschland reisen. Eine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis bleibt ihnen verwehrt. Zwar erwähnt das Dublin-Abkommen auch die Möglichkeit der Familienzusammenführung, aber daran fühlt sich Bonn nicht gebunden, wie ein Sprecher der deutschen EU-Vertretung in Brüssel bestätigt. Voraussetzung dafür wäre, daß sich die anderen EU-Länder stärker an einer Lastenverteilung beteiligen.
Rund die Hälfte aller Flüchtlinge in der EU lebt in Deutschland. Weil sich die anderen EU- Länder weigern, Kontingente abzunehmen oder sich auch nur an den Kosten zu beteiligen, blockiert die Bundesregierung jeden Fortschritt bei der gemeinsamen Flüchtlingspolitik. Beim EU-Gipfel im Juni 1997 in Amsterdam hat Bonn sogar einen überraschenden Rückzieher gemacht. Die deutsche Forderung nach Mehrheitsentscheidungen bei der Asyl- und Visumpolitik wurde von Kohl selbst vom Tisch gefegt. Er fürchtete plötzlich, die EU-Partner könnten eine Lockerung der gemeinsamen Visumregeln beschließen und Deutschland dabei überstimmen. Stoiber hatte ihn kurz vorher angerufen. Alois Berger, Brüssel
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