: Vahrenholts Erbe: Atomchef Timm
Hamburgs SPD verlängerte noch vor der Bürgerschaftswahl den Vertrag des Atomkraftfans und HEW-Vorsitzenden Manfred Timm ■ Von Florian Marten
Wenn es um ihre Seilschaften geht, ist auf die SPD Verlaß: Wie die taz jetzt aus Kreisen des HEW-Aufsichtsrates erfuhr, wurde bereits im Sommer 1997 der Vertrag des bekennenden Atomkraftfreundes und HEW-Vorstandsvorsitzenden Manfred Timm vorzeitig bis zum Jahr 2003 verlängert. Für die Gewerkschaften durfte nur wenig später Günther Kwaschnik als Arbeitsdirektor in den Vorstand aufrücken. Pikant: Kwaschniks Beförderung erfolgte zwar nach der Bürgerschaftswahl – aber noch allein mit Zustimmung des alten Senats.
Manfred Timm verdankt den steilen Aufstieg vor allem dem ehemaligen Umweltsenator Fritz Vahrenholt (SPD). Er sorgte 1994 dafür, daß Timm zum Vorsitzenden befördert wurde. „Vahrenholt“, so erinnert sich jetzt ein Aufsichtsratsmitglied, „drängte diesen Sommer sehr, Timms Vertrag zu verlängern“. Der wäre sonst Ende 1998 ausgelaufen. Zwar ist es durchaus üblich, mit Vorstandsvorsitzenden bereits ein Jahr vor Auslauf ihres Vertrags über eine Verlängerung zu sprechen, zwingend ist es jedoch keinesfalls. „Gemeinsam mit Kwaschnik“, der per Aufsichtsratssondersitzung noch schnell nach der Wahl zum neuen Arbeitsdirektor erwählt wurde, „ist das schon ein starkes Stück“, meint der taz-Informant.
Manfred Timm erwies sich denn auch nach der Wahl recht schnell als dankbarer Rächer seines enterbten Förderers Fritz Vahrenholt: An die Adresse des neuen Umweltsenators Alexander Porschke (GAL) gerichtet, betonte er, die HEW dächten gar nicht daran, ihre AKW abzuschalten. Schon 1995, bei Abschluß des Stromdeals mit Norwegen, hatte Timm mehrfach betont, daß der Norwegendeal vor allem dem Erhalt der vier HEW-AKW diene: „Ob wir Brunsbüttel mit diesem Vertrag aufgeben? Dazu möchte ich ganz deutlich sagen: Unsere Kernkraftwerke sind nur gefährdet, wenn sie unwirtschaftlich arbeiten oder wir große Grundlastkunden verlieren.“
Ein hochrangiger Mitarbeiter der Umweltbehörde erläuterte der taz, warum: „Der Stromvertrag zwingt uns, hohe Strommengen aus dem Grundlastbereich nach Norwegen zurückzuspeisen. Dies ist genau auf die Leistungskurve unserer Kernkraftwerke zugeschnitten.“Während Norwegens Stromlieferungen die Spitzenlast abfedern, für die Kohle- und Gaskraftwerke zuständig sind, gewinnen die vier AKW eine betriebswirtschaftlich freundliche Zukunft. HEW-Chef Timm erläutert: „Das Norwegenkabel wird die Auslastung unserer konventionellen Anlagen reduzieren.“
Dennoch richten sich die Hoffnungen der Umweltbehörde derzeit vor allem auf die wirtschaftliche Vernunft Timms und seiner HEW. Ein Gutachten soll klären, ob und wie der Ausstieg aus Brunsbüttel funktionieren könnte. Spätestens im März soll es in Auftrag gegeben werden.
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