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Kassandrarufe aus Washington

■ Worldwatch bilanziert Verschwendung von Rohstoffen und fordert weltweite Steuerreform

Washington (epd/taz) – Das US-amerikanische „Worldwatch Institute“ hat eine weltweite Steuerreform zur Rettung der Lebensgrundlagen gefordert. Stärker besteuert werden müsse der Ausstoß von Kohlendioxid, die Nutzung von Rohstoffen und sonstiges „umweltschädliches“ Verhalten, forderte das Institut in seinem am Wochenende in Washington vorgestellten Bericht zur Lage der Welt. Dagegen müßten Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuern gesenkt werden.

Die Menschheit zerstöre die Erde, wenn sie ihre Lebens- und Produktionsweise nicht rasch auf umweltverträgliche Bahnen lenke, mahnte Worldwatch-Präsident Lester Brown. Noch nie in der Weltgeschichte seien Konsum und Wirtschaft so stark gewachsen wie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 1997 seien weltweit Güter im Wert von 29 Billionen Dollar produziert worden; 1950 waren es noch fünf Billionen Dollar.

Die Menschheit verbrauche jetzt das Fünffache an fossilen Brennstoffen und dreimal soviel Wasser und Getreide wie noch vor 50 Jahren. Das konsumorientierte westliche Wirtschaftsmodell könne jedoch nicht auf die ganze Welt ausgedehnt werden. Zugleich müßten die wohlhabenden Nationen in Europa, Nordamerika und Asien stärker die Wind- und Sonnenenergie und in geringerem Maße fossile Brennstoffe nutzen, fordern die Umweltforscher.

Die Unverträglichkeit des westlichen Wirtschaftsmodells mit den Lebensgrundlagen zeige sich am schärfsten in China. Wollten die ChinesInnen im Pro-Kopf-Vergleich so viele Autos fahren wie die Amerikaner, müßten jeden Tag 80 Millionen Barrel Erdöl mehr gefördert werden. Derzeit liege die Weltölproduktion bei 64 Millionen Barrel pro Tag.

Ähnlich sei es beim Rindfleischkonsum. Wollten die Menschen in China so viele Hamburger und Steaks essen wie die US-BürgerInnen – jährlich 45 Kilogramm pro Kopf – müßte die gesamte US- amerikanische Getreideernte an die chinesischen Rinder verfüttert werden. Nach Angaben des Worldwatch Institute zeigen zahlreiche Modellprojekte in den industrialisierten Ländern, daß Produktionsprozesse ohne Einbußen verändert werden könnten. So demonstriere eine Studie des US- Energieministeriums, daß die USA ihren Strombedarf mit Windenergie decken könnten. In den Vereinigten Staaten werde bei bestimmten Produkten mehr recycelt. So komme beispielsweise mehr als die Hälfte des neuproduzierten Stahls aus eingeschmolzenem Material. Ein Umsteigen auf recycelte Produkte und wiederverwertbare Energiequellen bringe „riesige wirtschaftliche Chancen“ mit sich, so Lester Brown. Die Umweltforscher betonen zudem, daß die Raten des Bevölkerungswachstums reduziert werden müssen. Andernfalls würden bis zum Jahr 2050 etwa 9,4 Milliarden Menschen auf der Erde leben, 3,5 Milliarden mehr als heute. Dies würde die „Tragfähigkeit“ des Planeten weit übersteigen.

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