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Ampeln versinken im Sumpf

■ Trotz Schelte des Rechnungshofs ist das Monopol der Firma Siemens beim Ampelanlagenbau seit 33 Jahren fast ungebrochen. Bündnisgrüne fordern faire Wettbewerbsbedingungen

Nach Ansicht der Bündnisgrünen gibt es in der Berliner Verwaltung eine dubiose Ausschreibungs- und Vergabepraxis bei öffentlichen Aufträgen. Der grüne haushaltspolitische Sprecher Arnold Krause nahm gestern ein Ermittlungsverfahren gegen Beamte der Senatsbauverwaltung zum Anlaß, auf das „Quasi-Monopol“ der Firma Siemens beim Lichtsignalanlagenbau hinzuweisen. „Der Sumpf um die Ampeln ist noch nicht völlig trockengelegt“, sagte Krause.

Bekanntlich ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den Leiter des für Ampelanlagenbau zuständigen Referats der Senatsbauverwaltung, Dietmar J. (CDU), sowie gegen 17 Mitarbeiter von Ingenieurfirmen wegen Untreue und Betruges. J. steht im Verdacht, bis 1996 öffentliche Aufträge für die Ausschachtung von Ampelkabelkanälen an bevorzugte Firmen vergeben zu haben. Die Preise seien so überhöht gewesen, daß dem Land Berlin Schäden in Millionenhöhe entstanden. Ein Großteil der an den Geschäften beteiligten 12 Firmen sollen Scheinfirmen gewesen sein. Anhaltspunkte dafür, daß der Beamte bestochen wurde, gibt es laut Justizsprecher Matthias Rebentisch bislang nicht. Die Geschichte flog bei einer hausinternen Überprüfung auf.

„Ampel“ war für Arnold Krause gestern das Stichwort, um auf einen anderen Skandal hinzuweisen: Die Firma Siemens habe beim Bau von Lichtsignalanlagen seit 1960 „praktisch eine Monopolstellung“ inne. Nach dem Mauerfall sei das „Quasi-Monopol“ auf Ostberlin ausgedehnt und von Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) bis 1994 zementiert worden. „Seit 1993 wird versucht das Monopol zu brechen“, sagte Krause. So habe der Rechnungshof den Senat mehrfach aufgefordert, das ursprünglich mit technischen Zwängen begründete Vertragsverhältnis zu Siemens zu kündigen, um einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen. Bausenator Klemann (CDU) lasse zwar deutlich mehr Aufträge ausschreiben, Siemens erhalte allerdings weiterhin meistens den Zuschlag. Einen wesentlichen Wettwerbsvorteil sieht Krause darin, daß Siemens ein Patent für die Datenfernversorgung der Ampeln hat. Laut Bauverwaltung sind die beiden anderen am Markt tätigen Firmen im Besitz einer Nutzungslizenz, „aber diese Behauptung“, so der Bündnisgrüne Krause, „zweifeln wir an“. Auch daß der seit 1994 vom Rechnungshof eingeklagte Kostenvergleich erst Ende Janauar 1998 vorliegen soll, belege, „wie schwierig es ist, den Filz aufzubrechen“. Aus eigenen Recherchen weiß der Abgeordnete, daß einige Städte halb soviel pro Ampel ausgeben wie Berlin. Plutonia Plarre

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