: Bundeswehr verschenkt nix mehr
■ Nach dem Skandal um Lieferungen an ehemalige Soldaten der Waffen-SS will die Hardthöhe erst mal nachdenken. Dann sollen Kriterien für künftige "humanitäre Hilfe" festgelegt werden
Bonn/Hamburg (dpa/AFP) – Die Bundeswehr hat vorläufig ihre „humanitären Hilfsleistungen“ generell gestoppt. Wie der Sprecher der Hardthöhe, Hans-Dieter Wichter, gestern mitteilte, sollen zunächst keine ausgemusterten Fahrzeuge und Geräte sowie anderes Material an humanitäre Organisationen abgegeben werden. Damit werde die Konsequenz aus den Lieferungen an rechtsextreme Vereinigungen oder Organisationen mit zweifelhaftem Hintergrund gezogen.
Wichter unterstrich, jetzt müßten neue klare Kriterien zur Abgabe gefunden werden. Es müsse unter allen Umständen ausgeschlossen werden, daß Material der Bundeswehr in falsche Hände gelangt. Die Prüfung der Kriterien werde voraussichtlich noch in diesem Monat abgeschlossen. Wichter bezog sich auf die Überlassung von Lastwagen an das „Deutsch- Russische Gemeinschaftswerk“ des Neonazis Manfred Roeder und das „Kameradenwerk Korps Steiner“. Auch eine dubiose Organisation „Aufbau Bernsteinland Ostpreußen“ habe Fahrzeuge, Sanitätsmaterial, Feldküchen, Werkzeug und Verpflegung erhalten. Über das „Kameradenwerk“ und die Organisation „Bernsteinland“ liegen dem Verfassungsschutz nach eigenen Angaben keine Erkenntnisse über „staatsabträgliche Aktivitäten“ vor.
Unterdessen hat der amtierende Kommandeur der Hamburger Führungsakademie der Bundeswehr, Rudolf Lange, den Vortrag des Rechtsterroristen Manfred Roeder vor Offizieren in der Clausewitz-Kaserne als „unentschuldbaren Vorfall“ bezeichnet. Lange sagte am Freitag auf dem Neujahrsempfang der Führungsakademie in Hamburg, die Bundeswehr habe „alles getan, die Ursachen und Hintergründe dieses Vorfalls“ vor drei Jahren lückenlos aufzuklären. Rechtsextremismus sei jedoch kein Sonderproblem der Bundeswehr.
Zurückgewiesen hat das Verteidigungsministerium inzwischen die am Donnerstag im ARD-Magazin „Panorama“ erhobenen neuen Vorwürfe zu rechtsradikalen Vorfällen im niedersächsischen Varel. Die Behauptungen, Zeugen würden vom Verteidigungsministerium diffamiert und eingeschüchtert, seien absurd, sagte Hardthöhen-Sprecher Wichter in Bonn.
Die umfangreichen Ermittlungen und Anhörungen von mehr als 120 Zeugen hätten ergeben, daß der von dem Sohn des ehemaligen Verkehrsministers Günther Krause (CDU), Christian Krause, und anderer Soldaten „unterstellte Rechtsextremismus nicht stattfand“. Man werde aber jeder neuen Meldung sorgfältig nachgehen.
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