: Asphalt von der Elbe bis zum Belt
Weitere Autobahnen im Norden stehen nach dem Baustopp der Ostseeautobahn auf der Kippe. Dennoch begann gestern der Bau einer neuen Piste ■ Aus Hamburg Achim Fischer
Matthias Wissmann ließ sich von seinen Plänen nicht abbringen. Er startete gestern nachmittag den Bau der Autobahn A26 von Stade nach Hamburg – auch wenn das Projekt nach dem vorläufigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes (BVG) gegen die Ostseeautobahn A20 auf der Kippe steht. Denn die Berliner Richter stoppten am Mittwoch diese mit genau den gleichen Argumenten, mit denen Hamburger Autobahngegner gegen die A26 klagen.
In beiden Fällen geht es um einen Autobahnabschnitt, der durch ein Feuchtgebiet führt. In beiden Fällen pochen die Kläger – Umweltschutzverbände, Anwohner und Landwirte – darauf, daß dieses Gebiet nach EU-Recht als Schutzgebiet ausgewiesen wird. EU- Richtlinien zum Vogel- und Naturschutz legen sehr hohe Schutzstandards für diese Gebiete fest; eine Klage gegen eine Asphalttrasse in diesen Biotopen kann erfolgreich sein, bestätigte das BVG.
Besonders pikant dabei: Das Gericht will nicht nur die Trasse durch das Biotop auf seine Rechtmäßigkeit prüfen. Es stoppte auch den bereits genehmigten Bau des anschließenden Autobahnabschnittes, um zu vermeiden, daß vollendete Tatsachen geschaffen werden oder eine Autobahn entsteht, die auf einer Wiese endet. Mit derselben Begründung klagen 16 Verbände und Personen gegen den ersten Bauabschnitt der A26 bei Stade.
Auf die Ausweisung der Schutzgebiete drängen nicht nur Umweltschutzverbände. Die Europäische Kommission hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet, da sie seit Jahren die Umsetzung der EU-Richtlinien verbummelt. Bis kommenden Freitag müssen die Bundesländer offenlegen, welche Biotope sie als schutzwürdig anmelden wollen. Auf der Liste der angemahnten Flächen steht auch der Hamburger Moorgürtel.
„Ich sehe nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes gute Chancen, daß die Klagen gegen die A26 Erfolg haben“, freute sich gestern Manfred Prügel, Hamburger Geschäftsführer der Naturschutzorganisation Nabu. Und auch in Mecklenburg-Vorpommern sind die Umweltschützer guter Hoffnung. Dort hat der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen die Zerschneidung des bereits als schutzwürdig eingestuften Peenetals durch die A20 geklagt. Trotz eines anhängigen Verfahrens beim BVG sind die Bagger inzwischen angerückt; erste Bäume sind gefällt.
Sollte das Bundesverwaltungsgericht im Hauptverfahren im Mai sein Urteil gegen die A20 bei Lübeck bestätigen, steht auch die zusätzliche Elbquerung westlich von Hamburg in Frage. Die Trasse als Verlängerung der A20 von Lübeck zur Unterelbe und weiter nach Stade ist bereits im Bundesverkehrswegeplan abgesegnet. Aber auch sie würde gleich durch mehrere mögliche EU-Schutzgebiete führen.
Die neue Autobahn soll den Hamburger Elbtunnel vom Durchgangsverkehr entlasten. Die Röhren werden zur Zeit zwar gerade achtspurig ausgebaut. Aber mit der durchgehenden Straßenverbindung nach Skandinavien über den Großen Belt, die im Sommer eröffnet werden soll, rollt neuer Verkehr auf Hamburg zu. Der Tunnel allein kann diesen Verkehr nicht bewältigen. Der Schienenknoten Hamburg ist schon heute überlastet. Eine zusätzliche Elbquerung für die Schiene ist im Bundesverkehrswegeplan jedoch nicht vorgesehen.
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