: Der Mann, der Präsident Clinton an den Pranger stellt
■ Wer ist Kenneth Starr? Der Sonderermittler in Sachen präsidialer Verfehlungen, Parteigänger der Republikaner, hat mit dem Meineidverdacht gegen Bill Clinton seine Ermittlungen in Sachen Whitewater-Affaire wieder angeschoben
Washington (taz) – Schon im letzten Sommer machte Kenneth Starr Schlagzeilen. Damals fing der an, Polizisten, die zu Bill Clintons Leibwache als Gouverneur von Arkansas gehört hatten, zu Clintons Seitensprüngen zu vernehmen. Seine Begründung war, daß er alle Informationsquellen ausschöpfen müsse. Jetzt hat Starr mit dem Meineidverdacht gegen Clinton die Aufmerksamkeit der ganzen Welt auf sich gezogen.
Kenneth Starr ist von Beruf Bundesrichter. Eigentlich wollte er Professor werden, doch zur Zeit hat er andere Verpflichtungen. Er ist Sonderermittler und untersucht als solcher seit fast vier Jahren einen Finanz- und Immobiliendeal, in den Bill und Hillary Clinton im Jahre 1978 einstiegen. Er hat in dieser Eigenschaft mehr als 25 Millionen Dollar ausgegeben, drei Leute hinter Gitter gebracht und zehn Geständnisse erzielt. Was er untersucht, ist unter dem Namen Whitewater bekannt geworden. Worum es dabei eigentlich geht, versteht kaum jemand.
Die Affäre hat wie meist in der US-amerikanischen Politik mit der Verquickung von Macht und Geld zu tun. Hintergrund ist, daß politische Ämter in den USA nicht sehr einträglich sind, man aber viel Geld braucht, um Politiker zu werden. Ein Förderer versprach damals dem jungen Bill Clinton einen guten Deal, wenn der in eine zunächst wertlos scheinende Immobilie rund eine Viertel Million Dollar investieren würde.
Das Geschäft ging schief, die Clintons verloren Geld. Bill Clinton soll dabei sein damaliges Amt als Gouverneur von Arkansas mißbraucht haben. Die Bank, die gegründet wurde, um den Deal abzudecken, soll betrügerisch gearbeitet und der Staat Arkansas seine Aufsichtspflicht verletzt haben. Das hätte auch ein Provinzstaatsanwalt recherchieren können – wenn Clinton nicht inzwischen Präsident der Vereinigten Staaten wäre.
Im gleichen Jahr, in dem die Clintons sich verspekulierten, schuf der Gesetzgeber die Institution des unabhängigen Ermittlers. Sie geht davon aus, daß die dem Justizministerium unterstellten Staatsanwälte nicht gegen Mitglieder der Regierung und schon gar nicht gegen den Präsidenten ermitteln können, weil Minister vom Präsidenten ernannt werden. Die Konstruktion des Amtes und die Bestellung des Ermittlers sind kompliziert. Das Justizministerium muß entscheiden, ob Gründe für eine Sonderermittlung vorliegen. Dann bestellt ein Gremium aus drei Richtern einen Ermittler. Die Bestellung Kenneth Starrs stieß von Anfang an auf Vorbehalte. Er sei nicht unabhängig, monierten Kritiker. Starr ist Parteigänger der Republikaner, war Generalstaatsanwalt unter Bush und würde als Sonderermittler auch gegen Mitglieder der Bankenaufsicht ermitteln müssen, die ihrerseits einen Prozeß gegen eine Anwaltssozietät anstrengten, deren Partner Starr ist.
Bei der Ausweitung seiner Ermittlungen auf Clintons jüngste Affäre geht es Starr nicht darum, ob der mit Frauen, sondern mit der Justiz „rumgemacht“ hat. Was die Fälle Whitewater und Lewinsky verbindet, ist die Rolle Vernon Jordans, eines engen Beraters von Clinton. Jordan soll sowohl Webster Hubbell als auch Monica Lewinsky im Austausch für ihr Schweigen gutbezahlte Jobs verschafft haben. Hubbell, ehemals hoher Beamter im Justizministerium, gehörte zum Personenkreis derer, gegen die Starr in der Whitewater-Affäre ermittelte und die in der Lage waren, die Clintons durch Aussagen zu belasten.
Letztlich geht es Starr also um Obstruktion der Justiz. Starrs Ermittlung, für die sich kaum noch jemand interessierte, erhält durch den neuesten Skandal Auftrieb. Sexuelle Verstrickungen sind interessanter. Peter Tautfest
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