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Die Krise gefährdet die Wälder

Indonesiens Umweltschützer befürchten, daß die Wirtschaftskrise den Raubbau an den Wäldern noch verschärft. Neuauflage der Waldbrände ist wahrscheinlich  ■ Aus Jakarta Jutta Lietsch

In Indonesien wird eine Wiederholung der verheerenden Waldbrände vom vergangenen Sommer befürchtet. Die Brände sind bereits wieder aufgeflammt. Satellitenaufnahmen zeigten mehrere hundert neue Brandherde in Kalimantan, dem indonesischen Teil Borneos, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Antara am Sonntag. Wegen der schweren Wirtschaftskrise sehen Indonesiens Umweltschützer schwarz: „Für die Wälder hat die Krise katastrophale Folgen“, sagt Emmy Haffild, Vorsitzende des Umweltforums Walhi in Jakarta. „Um unsere riesigen Auslandsschulden zu bezahlen, werden wir noch gnadenloser als bisher unsere natürlichen Ressourcen plündern.“

Erst vor wenigen Wochen waren die schweren Waldbrände verloschen, nachdem über 800.000 Hektar Forst- und Buschland wochenlang in Flammen standen und der Smog Millionen Menschen in der Region Atem und Sicht raubte. Doch nun ist verstärkter Raubbau nicht mehr zu verhindern, fürchtet Haffild. Sie macht dafür auch den Internationalen Währungsfonds (IWF) verantwortlich: Dessen 43-Milliarden-Kredite, die Indonesien vor der Zahlungsunfähigkeit retten sollen, müssen bald zurückgezahlt werden. „Ich habe die Leute vom IWF gefragt, wie wir das Geld aufbringen sollen“, so Haffild. „Aber darauf konnten sie mir keine Antwort geben.“

Erdöl, Textilien und Holz sind Indonesiens wichtigste Exportprodukte. Auch wenn das Land den Ölhahn stärker aufdreht, wird dies die Einnahmen nicht ausreichend steigern: Die weltweit vermehrte Produktion drückt die Preise. Bei Textilien wiederum ist die Konkurrenz aus den Nachbarländern groß, die in der Krise ebenfalls verzweifelt billig exportieren. „Aber mehr Holz zu schlagen – dafür braucht es keine großen Investitionen“, sagt Haffild. Willige Arbeitskräfte gibt es mehr als genug. Und der internationale Markt für Sperrholz ist unersättlich.

Wer wollte sich angesichts der Krise noch daran erinnern, daß viele große Holz- und Plantagenfirmen noch kürzlich ihre Konzessionen verlieren sollten? Sie hatten im Sommer wie jedes Jahr die Brände gelegt, um ihr Land für Ölpalmen und Nutzholz frei zu machen. In der außergewöhnlichen Trockenheit gerieten die Feuer schnell außer Kontrolle. Als die Nachbarländer gegen die schweren Smogwolken protestierten, versprach die Regierung, die Übeltäter streng zu bestrafen. 176 Firmen wurden verwarnt, 153 Lizenzen entzogen.

Inzwischen haben die Betriebe, die oft eng mit der Regierung verbunden sind, ihre Genehmigungen zurückerhalten. „Sie mußten nur versprechen, künftig nicht mehr brandzuroden“, berichtet Joko Waluyo, Forstfachmann von Walhi. Da andere Methoden, die Flächen zu säubern, viel aufwendiger sind, traut niemand diesen Beteuerungen. Vor Gericht gestellt oder gar verurteilt wurde niemand.

Der Umweltverband Walhi mit 350 Mitgliedern will nun Präsident Suharto vor Gericht bringen. Die Regierung soll die Opfer entschädigen. „Chancen haben wir nicht“, sagt Waluyo, „aber wir tun es, damit die Leute sehen, daß sie nicht alles hinnehmen müssen.“ Trotz aller Versprechen der Politiker in Jakarta, eine Wiederholung der Waldbrände in diesem Jahr zu verhindern, ist bislang effektiv nichts geschehen. Im September hat das Forstministerium bereits acht Millionen Hektar Wald für kommerzielle Nutzung freigegeben. Allein in Westkalimantan sollen vier Millionen Hektar für Ölpalmen-Plantagen gerodet werden.

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