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JVA-Prozeß: Pornos im Schreibtisch

■ Mindestens ein Beamter ließ Insassen für sich arbeiten

Eine Frau unter Männern. Die Justizvollzugsbeamtin Sandra B. ist so klein, daß sie auf der Anklagebank neben ihren angeblichen Mittätern und den Anwälten in ihren schwarzen Roben fast verschwindet. Laut Bild-Zeitung soll die zierliche Frau mit leiser Stimme „Bremens gefürchteteste Gefängniswärterin“sein. Ein „Teufel“, der seinen „persönlichen Prügeltrupp“auf Untersuchungshäftlinge hetzte.

Der Beamtin wird vorgeworfen, Ende 1996 Zellentüren aufgeschlossen zu haben, damit vier mitangeklagte Häftlinge mutmaßliche Sexualstraftäter verprügeln konnten. Sandra B. bestreitet die Tat. Die Anschuldigungen seien ein Racheakt ihrer männlichen Kollegen, die sie ständig sexuell belästigt hätten (taz vom 23.1.).

„Das ist gelogen“, beteuerte gestern einer ihrer Kollegen vor dem Amtsgericht. Unmittelbar vor der Tat habe Sandra B. ihm gegenüber angekündigt, sie würde „das jetzt mit den Sittenfiffis klarmachen“, wiederholt der Mann seine Anschuldigung vor Gericht.

Ob in dem Schreibtisch der Station „Pornohefte“gelegen hätten, will Sandra B.s Verteidiger von ihm wissen. Der Mann schweigt einen Moment und nickt. „Ja, das stimmt.“„Haben Sie mal zu Frau B. gesagt: ,Sandra, Du kannst mir mal einen blasen'“, fragt der Anwalt weiter. „Nein“, sagt der JVA-Beamte. „Haben Sie mal gesagt: ,Sandra, ich bin geil“, hakt der Verteidiger nach. „Nein“, antwortet der Mann wieder.

Auf weiteres Befragen kommt noch etwas anderes ans Tageslicht. „Stimmt es, daß Herr T. (Anmerk. d. Red: ein Insasse) Werbeprospekte für die Firma Ihres Bruders gefaltet hat?“„Ja, das ist richtig“, gibt der Beamte zu. „Sie haben also Ihre Privatarbeiten von diesem Häftling erledigen lassen?“Der Mann nickt.

Zwei der ehemaligen U-Häftlinge haben gestern vor Gericht bestätigt, daß sie in Untersuchungshaft brutal zusammengeschlagen worden sind. Einer der Geschädigten hat im Gerichtssaal den Häftling und Mitangeklagten Tim R. als Täter benannt. Der zweite Zeuge gab an, Sandra B. hätte die Zellentür unmittelbar vor der Tat geöffnet und gesagt: „Duschen, Wäschetausch“. Noch bevor er antworten konnte, daß er nicht duschen wolle, sei er von hinten angegriffen worden. Die Täter habe er nicht erkannt. Beide Männer standen damals unter Verdacht, Kinder sexuell mißbraucht zu haben. Gegen einen Zeugen ist das Verfahren zwischenzeitlich eingestellt worden. Der andere Zeuge wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

kes

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