: Kati gegen Klinsmann dichten
■ Der Club der lebenden Dichter streitet in der Honigfabrik
Hamburg ist Slamburg, wußte mittlerweile gar der Spiegel der Nation zu berichten, doch die Literaturszene, die sich heute lieber poetry scene nennt, hat mehr als literarische Wortschlachten zu bieten. Rainer Krusch, Gründer des Clubs der lebenden Dichter, Werkzeugverkäufer, Poesie-Heimwerker und Autor zahlreicher veröffentlichter Kurzgeschichten und Gedichte, haßt die viel zelebrierten Poetry-Slams mit johlendem Publikum und Volksfest-Stimmung: „Da geht es mehr um Performance. Wenn du da ein Liebesgedicht liest, zerreißen die dich!“Dementgegen setzt der Club der lebenden Dichter alle zwei Monate einen Dichter-Wettstreit. „Das ist wie ein 100-Meter-Lauf zwischen Boris Becker, Katharina Witt und Jürgen Klinsmann: Alle haben was mit Laufen zu tun, doch ein Leistungsvergleich ist nicht sinnvoll“, meint Karsten Lieberam-Schmidt, „Bauer mit Studium“und einer von zwölf TeilnehmerInnen des Dichter Wettstreits des Clubs in der Honigfabrik. „Die Verfasser sollen Gelegenheit haben, ihre Werke angemessen vorzustellen“, so Krusch, die Seriösität der Veranstaltung solle gewahrt werden.
Aufgabe des seit fast vier Jahren bestehenden Clubs ist es, den Künstlern ein Forum zu bieten. Und die lassen sich nicht zweimal bitten, schließlich verspricht der poetische Wettlauf Gedankenaustausch und Öffentlichkeit. Unter den Teilnehmern sind Herausgeber von Literaturzeitschriften, Songtexter, Liedermacher sowie unbekannte und selbsternannte allround-Künstler jeden Alters. Begegnung heißt das Schlüsselwort und eins von sechs Gedichten, die Krusch in der Gedichte- und Kurzgeschichtensammlung Onkel Schwamms Bücherstunde Vol. 1 des Hamburger Schwamm-Verlages veröffentlichte: „Spaziergang/ mit schattigen Gedanken/ und einem angefangenen Lächeln,/ unbekannt,/ aneinander vorbei.“
Nach jeweils fünfminütiger Lesezeit bestimmt beim Dichter-Wettstreit das Publikum, das mit fünf Mark dabei ist, drei Sieger. Vors literarische Gericht kommen heute unter anderen: Björn Kuhligk, Gewinner des letzten Dichter-Wettstreits, Harry Springer, Herausgeber der LiteraturzeitschriftMezzotinto und Reimer Eilers, gebürtiger Helgoländer und Gewinner nationaler und internationaler Literaturpreise.
Carsten Hansen
heute, 20.30 Uhr, Honigfabrik
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen