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Einen Schritt vor und zwei zurück

Noch hat sich Israels Regierung nicht auf einen Abzug aus dem Westjordanland festgelegt. Auch US-Außenministerin Albright wird bei ihrem heutigen Besuch in Israel keine konkrete Antwort erhalten  ■ Aus Jerusalem Georg Baltissen

Obwohl US-Außenministerin Madeleine Albright bei ihrem heutigen Besuch in Israel definitive Antworten erwartet, herrscht weiterhin Unklarheit über das Ausmaß des nächsten israelischen Teilrückzugs aus dem Westjordanland. Infrastrukturminister Ariel Sharon erklärte gestern, Israel werde nicht mehr als 10 Prozent des Westjordanlandes an die Palästinenser übergeben. Er dementierte damit eine Meldung der Tageszeitung Haaretz, wonach die Regierung einen 12prozentigen Teilrückzug anbieten werde.

Unter Berufung auf Regierungskreise hatte die Zeitung gestern gemeldet, das sogenannte Küchenkabinett, dem Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, Verteidigungsminister Jitzhak Mordechai, Handelsminister Nathan Sharansky und Sharon angehören, habe eine solche Entscheidung getroffen. Die US-Regierung hatte bei Gesprächen mit Netanjahu und Palästinenserpräsident Arafat in der vergangenen Woche in Washington vorgeschlagen, den zweiten Teilrückzug in mehrere Phasen aufzuteilen und mit der Erfüllung palästinensischer Verpflichtungen wie einer schärferen Bekämpfung der islamischen Hamas-Organisation zu verknüpfen. Arafat hat dem Vernehmen nach auf einer Kabinettssitzung in Gaza den US-Vorschlag zurückgewiesen. „Ich bin kein Verräter“, sagte Arafat nach Angaben eines Beraters. Die Palästinenser fordern einen 30prozentigen Teilrückzug Israels aus dem Westjordanland.

Laut Haaretz soll der nächste Rückzug allerdings nur unter der Bedingung erfolgen, daß der dritte vereinbarte Teilrückzug ausgesetzt und erst im Rahmen der Abschlußverhandlungen erörtert wird. Die USA lehnen dies bislang ab. Der frühere US-Außenminister Warren Christopher hatte den Palästinensern nach dem Abschluß des Hebron-Abkommens im Januar vergangenen Jahres schriftlich die Durchführung aller drei Teilrückzüge bis zum Sommer 1998 garantiert.

Haaretz bezeichnete die Entscheidung der israelischen Regierung als einen „dramatischen Sinneswandel“. Netanjahu sei damit von seiner früheren Position abgerückt, daß die Palästinenser erst umfangreiche israelische Forderungen erfüllen müßten, ehe ein israelischer Rückzug in Frage käme. Die Erklärung Sharons stellt den Sinneswandels allerdings wieder in Frage. Netanjahus Medienberater David Bar-Ilan hatte ohnehin klargestellt, daß Israel nicht den ersten Schritt machen werde.

Die Palästinenser müßten vorab insbesondere die Sicherheitsforderungen Israels erfüllen. Doch eine unabhängige Kontrolle dieser Forderung will die israelische Regierung offensichtlich vermeiden.

Nach einem Bericht der Financial Times hat Netanjahu während seines Washington-Besuchs die US-Regierung aufgefordert, den US-Geheimdienst CIA von der palästinensisch-israelischen Sicherheitskooperation wieder auszuschließen. Seit den Anschlägen der Hamas im Sommer vergangenen Jahres hatte der CIA die Zusammenarbeit überwacht und der palästinensischen Autonomiebehörde „Fortschritte im Kampf gegen den Terrorismus“ attestiert. Nach Angaben eines israelischen Regierungsbeamten passen solche Beurteilungen Netanjahu nicht in den Kram: „Dies würde ihn seiner Argumente berauben, den Friedensprozeß zu verlangsamen.“

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