: Der Rotarmist ist zum Pflegefall geworden
■ Seit kurzem ist das große Monument auf dem sowjetischen Ehrenmal in Treptow eingerüstet. Die Bauverwaltung sorgt sich um die Standfestigkeit. Streit um Kostenübernahme geht weiter
Die Treppe zum Hauptmonument, dem Rotarmisten mit dem Kind auf dem Arm, der mit dem Schwert das Hakenkreuz zerschlagen hat, ist mit rotweiß gestreiftem Plastikband versperrt. Die fast zwölf Meter hohe und siebzig Tonnen schwere Bronzefigur ist eingerüstet, seit Dezember schon.
Seit zwei Wochen überprüft die Bauverwaltung die Standfestigkeit des gigantischen Monuments inmitten der zwanzig Hektar großen Anlage, auf der fünftausend Rotarmisten begraben sind, die in der Schlacht um Berlin starben. „Wir haben Bedenken, ob die Bronzefigur noch sicher steht“, sagt der zuständige Referatsleiter Ekkehard Schuh. Im Betonfundament des Denkmals klaffen Risse, Wasser dringt ein, Rost nagt an der Figur. Für eine Grundsanierung ist es höchste Zeit. Kostenpunkt: 12 Millionen Mark, wie Experten bereits 1992 schätzten.
Doch auch bei den beiden anderen Ehrenmalen im Tiergarten und in Pankow besteht Handlungsbedarf. 30 Millionen soll die Grundsanierung insgesamt kosten. Wer diese Summe aufbringen muß, darüber streiten sich seit Jahren Bonn und Berlin. Denn die Bundesregierung hat sich 1990 im deutsch-sowjetischen Nachbarschaftsvertrag verpflichtet, die Denkmäler zu erhalten und zu pflegen.
Das Geld muß aus Berlin kommen, heißt es im Bonner Innenministerium (BMI). „Die Rechtslage ist klar“, sagt Sprecher Roger Kiel, „Denkmalpflege ist Sache der Länder.“ Daran ändere auch der Nachbarschaftsvertrag nichts. In Berlin ist man anderer Meinung. Die Bundesrepublik als ganze habe den Vertrag unterzeichnet, meint man im Hause Peter Strieders, Senator für Stadtentwicklung, der auch für Denkmalschutz zuständig ist. Deshalb sei Pflege und Erhalt der Gedenkstätten keine Landesangelegenheit. Bonn müsse seinen finanziellen Beitrag leisten. „Wir haben eine geschichtliche Verantwortung“, appelliert auch Heinz Wiegand, Strieders Referatsleiter, an Bonn. Trotzdem hält auch er eine Grundsanierung aus Landesmitteln für ausgeschlossen.
Bonn hat bisher mit knapp vier Millionen Mark die Erhaltung der Ehrenmale unterstützt. Etwa die Hälfte davon floß in die Sanierung des Tiergarten-Denkmals nahe Reichstag und Brandenburger Tor, das unter anderem aus dem Marmor von Hitlers Reichskanzlei errichtet ist. Kurz vor dem 50. Jahrestag des Kriegsendes wurde der dortige Ehrensoldat – russische Diplomaten hatten bereits seinen Zustand beklagt – vom Sockel gehoben und restauriert. In Treptow wurden mit Bonner Mitteln Wasserleitungen erneuert, Wege und Platten gesichert. Eine Zahlungspflicht habe Bonn damit nicht anerkannt, betont BMI- Sprecher Kiel: „Das waren einmalige Zuschüsse.“
Auch Berlin sieht sich nicht in der Pflicht. Zwar steckt das Land jährlich 1,3 Millionen in die Unterhaltung der drei Gedenkstätten, doch für mehr als die Pflege des langsamen Verfalls reicht das nicht. 1995 einigten sich Bonn und Berlin auf einen Deal. Der Senat räumte ein, die Denkmäler bis zum Jahr 2000 zu unterhalten, wenn 1998 für die Zeit nach der Jahrtausendwende zwischen Bonn und Berlin neu verhandelt wird. Einen Termin für diese Gespräche gibt es noch nicht.
BMI-Sprecher Kiel sieht für sie nicht viel Verhandlungsspielraum. „Wenn Berlin die Sanierung aus seinen ureigenen Mitteln nicht schafft, sind höchstens Mittel aus dem Hauptstadtkulturfonds drin.“ Von diesem Vorschlag hält Senatssprecher Eduard Heußen nichts: „Der Hauptstadtkulturfonds ist schon dreimal ausgegeben“, sagt er und lacht. Die Ehrenmale, die es schließlich in allen neuen Bundesländern gebe, seien eine „nationale Aufgabe“. „Da steht die Bundesregierung in der Pflicht.“ Bausenator Jügen Klemann hat unterdessen angekündigt, er werde notfalls aus Sicherheitsgründen die Ehrenmale für Besucher sperren lassen. Sabine am Orde
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