: Bremer Beamte spitze bei Nebenverdiensten
■ 30.000 Mark und mehr: Bremen kennt als einziges Land keine Abführungspflicht für Nebenverdienste
Weil Bremen von den Zuweisungen anderer Bundesländer abhängig ist, sollten die „Bremer Standards“nicht höher sein als die der sogenannten Geberländer. Das ist für die bremischen Senatsressorts seit Jahren eine Selbstverständlichkeit. So darf die Lehrer-Schüler-Relation nicht besser sein als andernorts, die Kita-Gebühren dürfen nicht niedriger liegen und so weiter. Als Finanzausgleichs-Empfänger kann man sich keine Sonderrolle leisten, ist das Credo unter den Spitzenbeamten. Nur in einem Bereich greift dieses Prinzip nicht: bei den Nebenverdiensten eben dieser Spitzenbeamten.
Überall sonst, so hat der Rechnungshof in seinem jüngsten Bericht festgestellt, gibt es „bei Nebentätigkeiten im öffentlichen Bereich eine Abführungspflicht für Vergütungen, wenn diese bestimmte Grenzen überschreiten“. Beim Bund und in zehn Bundesländern müssen Beamte der Besoldungsstufe A16/B1 alles, was sie über 9.600 Mark im Jahr im öffentlichen Bereich „nebenverdienen“, abliefern, bei B6 gelten 12.000 Mark als Obergrenze. Im Saarland und in Niedersachsen liegt sie niedriger, in Hamburg sogar bei 5.000 Mark, Staatsräte bekommen überhaupt nichts „nebenher“.
Hintergrund: Selbstverständlich macht ein Senator, der Aufsichtsratsvorsitzender ist, diese Arbeit im Dienst, vergütet wird er zusätzlich. Ebenso selbstverständlich verrichtet er die Nebentätigkeit am Dienstsitz – weil er sie im Rahmen seiner dienstlichen Aufgaben ausübt. Und je mehr öffentliche Aufgaben in private GmbHs oder Eigenbetriebe ausgegliedert werden, desto mehr quasi private Posten sind im öffentlichen Bereich zu vergeben.
Und bei der Vielzahl der halb- oder ganz staatlichen Betriebe – BLG, Parkplatz-GmbH, Ratskeller-GmbH, Glocke-GmbH, Theater-AG, Hibeg, Hagöf, WFG, Bremische, Stadtwerke, Speicherbau, Stadthalle, Gewoba – kann da einiges zusammenkommen. Das ist auch unter Bremens Spitzenbeamten kein Geheimnis. Trotzdem gibt es keine Obergrenze mehr, seit das Oberverwaltungsgericht 1980 das bis dahin geltende Limit von 4.000 Mark als zu starr verworfen und die Bürgerschaft die Beschränkung daraufhin abgeschafft hatte.
Auch der Rechnungshof ist nicht so indiskret, die zusätzlichen Einkünfte aufzulisten. Nur einmal hat er Summen genannt: Die staatliche „Bremer Gesellschaft für Wirtschaft und Arbeit (BGWA) mbH“, in der Öffentlichkeit eher unbekannt, hatte 1992 einen 20köpfigen Aufsichtsrat gebildet, der aus den Verwaltungsspitzen und der Politik besetzt wurde. Jeder der Aufsichtsräte erhielt 2.500 Mark für vier Sitzungen im Jahr – obwohl es in der BGWA nicht viel zu beaufsichtigen gab und diese Sitzungen gar nicht stattfanden. Als das zu peinlich wurde, halbierte man die Nichtaufsichts-Bezüge, erst nach drei Jahren wurden sie ganz eingestellt.
Nach der Beschwerde des Rechnungshofes hat nun die Senatskommission für das Personalwesen (SKP) vorgeschlagen, die im Bund geltenden Obergrenzen auch für Bremen zu beschließen. Betroffen wären kaum mehr als zwei Dutzend Spitzenbeamte, die eine erhebliche Anzahl von verdienstvollen Posten vorweisen können, allen voran der Wirtschafts-Staatsrat Frank Haller und der Abteilungsleiter beim Finanzsenator, Ulrich Keller, die beide mehr als 30.000 Mark entsprechender Zusatz-Verdienste haben sollen. Aber ob die Verwaltungsspitze die Angleichung an Bundes-Standards für sich selbst beschließt, ist offen: „Die meisten Ressorts haben die vom Rechnungs hof vorgeschlagene Einführung einer teilweisen Abführungspflicht der Nebentätigkeitsvergütungen abgelehnt“, bemerkte der Rechnungshof. „Erstklassige Fachleute“seien ohne größere Zusatz-Verdienste nicht im Öffentlichen Dienst zu halten. Die SKP hat schon eine Generalklausel in ihren Gesetzentwurf eingefügt: Wenn Bremen sich in diesem heiklen Punkt bundesweiten Standards unterwirft, kann der Senat ohne Begründung und ohne viel Aufhebens für die „erstklassigen Fachleute“Ausnahmen genehmigen. K.W.
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