: Stadtgeschichte im Rückspiegel
■ Die Architekturzeitschrift „Arch +“ feiert ihren 30. Geburtstag
Man mag darüber amüsiert sein, daß sie sich für das Architekturfachblatt aus Berlin hält, wie ihr Chefredakteur nicht müde wird zu behaupten. Und es grenzt ein wenig an Größenwahn, sich als die „einzige progressive Theoriezeitschrift“ vom Fach zu bezeichnen. Wenn man über diesen kleinen Anfall von Größenwahnsinn hinwegsieht, kann man ihr jedoch durchaus Einzigartigkeit bescheinigen: Arch + (sprich: arch plus) publiziert seit 30 Jahren wilde Collagen aus Texten und Fotos zu modernen Bauthemen. Die Sprache kommt elaboriert und akademisch daher. Doch sie stellt Inhalte zur Debatte, die man sonst nirgendwo lesen kann. Und treu in Schwarzweiß gedruckte Abbildungen findet man auch nur noch selten.
Zum 30. Geburtstag der Zeitschrift hat die Redaktion ein Sonderheft herausgebracht, das die eigene Geschichte und die Entwicklung von Architektur und Städtebau seit 1968 noch einmal Revue passieren läßt. Da liest man, wie sich Arch + vom einstigen Revoluzzerblatt der marxistischen Architektursoziologen – mit Abbildungen einer von Demotransparenten flirrenden Stadtatmosphäre in den siebziger Jahren – zum Sprachrohr der Postmoderne entwickelt hat.
In den achtziger Jahren prägten Themen der Ökologie, des Wohnungsbaus, der Stadtrekonstruktion und des Dekonstruktivismus die dicken Hefte. Und heute bilden Debatten über High-Tech, Intelligent Buildings oder veränderliche Fassaden die Schwerpunkte.
Die schöne Text-Bild-Montage ist wie immer mit langen Beiträgen unterfüttert: avantgardistisch, zeitgemäß, provokativ – auch wenn der zeitliche Bogen nicht immer gelingt. Am Ende führt Arch + die Erinnerung an die revolutionären Umbrüche, die gescheiterten und eingelösten Ideale der sechziger und siebziger Jahre und deren Einflüsse auf die Gegenwart als kleines Geschichtsbuch über sich selbst vor. Dabei ist ein Bilderbuch der „Baudesillusionen“ entstanden, ohne die Ideale moderner zeitgenössischer Architektur und Stadtbaukunst zu verraten. Rolf Lautenschläger
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen