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■ Pflegeversicherung etc.: Die Bonner Koalition blockiert sich selbstPolitik als Theater

Wo das Wort von der „wechselnden Mehrheit“ im politischen Geschäft auftaucht, ist Stillstand nicht weit. Ob bei Steuerpolitik, Staatsangehörigkeitsrecht, dem Lauschangriff und der Pflegeversicherung heißt es entweder von FDP oder von CDU: „Wechselnde Mehrheiten wird es nicht geben.“ Will sagen: Immer wenn es darauf ankommt, zu eigenen Überzeugungen zu stehen, beschließen die Koalitionspartner, im Bundestag nicht gegeneinander zu stimmen.

Den Koalitionsbruch aufzuschieben – das scheint zum wesentlichen Antrieb der Koalition geworden zu sein. Dabei entsteht der Eindruck, daß es den Koalitionsparteien nicht im geringsten darauf ankommt, Inhalte durchzusetzen. Sie wollen sich lediglich im Sinne besserer Unterscheidbarkeit von den anderen Parteien positionieren. Die Wähler sollen also zum Beispiel wissen, daß die FDP für die Steuersenkung eintritt, für eine Liberalisierung des Staatsangehörigkeitsrechts und für die Senkung der Lohnnebenkosten, indem sie die Pflegeversicherungsbeiträge um 0,2 Prozentpunkte senken will. Herumgekommen ist dabei bisher, daß der Solibeitrag um zwei Prozentpunkte gesunken ist, was nicht viel bringt, weil dafür die Mehrwertsteuer um ein Prozent erhöht wird. Bei den Pflegeversicherungsbeiträgen, über die heute im Bundestag debattiert wird, hat die FDP zwar einen Kompromiß herausgeschlagen, aber der ist nichts weiter als Kosmetik. Die FDP wollte die Beitragszahler um 3,8 Milliarden Mark entlasten, die CDU die Pflegeleistungen um 260 Millionen Mark aufstocken. Die Einigung zur Erhaltung des Koalitionsfriedens sieht vor, weder das eine noch das andere umzusetzen. Viel Lärm um nichts. Das ist um so ärgerlicher, als das Ergebnis von vornherein absehbar war. Statt vollmundig mit ihrer Forderung an die Öffentlichkeit zu gehen, hätte die FDP besser daran getan, ihre Chancen in der Koalition auszuloten und auf das Theater zu verzichten. Statt dessen hat sie erneut den Stillstand der deutschen Politik vorgeführt. Nützen wird das allein der SPD. Sie kann erneut mit Recht darauf verweisen, daß sich diese Koalition selbst blockiert. Markus Franz

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