: Lehrer gegen Schröder: „Ich bin kein fauler Sack“
■ Lehrer gingen zwei Wochen vor der Wahl gegen längere Arbeitszeit auf die Straße
Hannover. Etwa 3.000 Lehrer aus ganz Niedersachsen haben am Samstag in Hannover gegen längere Arbeitszeiten und Bildungsabbau demonstriert. Mit Trillerpfeifen und Transparenten mit der Aufschrift „Ich bin kein fauler Sack“oder „Besteuert Millionäre, steckt das Geld in die Lehre“zogen die Pädagogen, begleitet von Eltern, Schülern und Studenten, durch die Innenstadt. Zu der Demonstration hatte die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) aufgerufen. Die GEW wirft der SPD-Landesregierung vor, auf Kosten der Lehrer und der Unterrichtsqualität zu sparen.
Vor allem die Einführung sogenannter Arbeitszeitkonten wird kritisiert. Die Regierung unter Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) plant zum Schuljahr 1998/99, unter 50 Jahre alte Lehrer zu Mehrarbeit zu verpflichten. Die zusätzlichen Arbeitsstunden sollen den Pädagogen gutgeschrieben und frühestens von 2003 an „abgebummelt“werden können. Die GEW bezweifelt jedoch, daß die Mehrarbeit den Lehrern tatsächlich vergütet wird. „Selbst der faulste Sack glaubt daran nicht mehr“, sagte der GEW-Vorsitzende in Niedersachsen, Torsten Post, bei der Kundgebung. Damit spielte er auf eine frühere Aussage Schröders an. Der hatte damals einer Schülerzeitung in einem Interview gesagt, Lehrer seien „faule Säcke“.
Aus Sicht der GEW habe sich die Qualität des Unterrichts in Niedersachsen durch die Sparmaßnahmen verschlechtert. Klassen mit 30 Schülern seien keine Seltenheit. Rund 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen hätten inzwischen Nachhilfeunterricht nötig, meinte Post. Die Arbeitsbelastung der Lehrer sei bereits in den vergangenen Jahren ständig gestiegen. „Das Bildungswesen in diesem Land kann nicht gesunden, wenn man den Lehrern immer mehr Arbeit aufdrückt. Neue, junge Lehrer braucht das Land“, rief der zweite GEW-Bundesvorsitzende, Heinz Putzhammer, den Demonstranten zu. „Die Erfahrung in Niedersachsen hat gezeigt, daß man der Politik nicht vertrauen kann. Wer garantiert uns, daß die Mehrarbeit nachher wirklich gutgeschrieben wird. Und was machen Leute, die aus gesundheitlichen Gründen vorzeitigt aus dem Dienst ausscheiden müssen“, sagte Klaus-Peter Janzen. , Schuldirektor aus Buxtehude. dpa kann ja wohl nicht sein, daß wir künftig eine Stunde mehr arbeiten müssen. Es fällt schon so viel Unterricht aus, weil Kollegen krank fehlen. Das würde nur noch schlimmer“, meinte eine Grundschullehrerin aus Selsingen bei Cloppenburg.
Das nötige Geld für Schulen und Ausbildung sei vorhanden, es befände sich „nur in den falschen Taschen“. Zudem habe vor allem die Politik der Bundesregierung in Bonn dafür gesorgt, daß die Länderkassen leer seien, sagte Putzhammer. dpa
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